Nachdem ich Euch im ersten Teil meiner kurzen Geschichte über Videospiele und ihre Werbung, von der Entstehung des Videospiels und den Anfängen und den ersten Telespielen erzählt habe, komme ich nun zum zweiten Teil. Er beschäftigt sich mit dem Aufstieg zwei japanischer Giganten, die die Welt der Videospiele ordentlich aufmischen sollten und sich bis ins neue Millenium einen erbitterten Konsolenkrieg lieferten. Los geht’s:

Big N

Der Videospiel-Crash der frühen 80er Jahre ebnete den Weg für andere Firmen. Während Atari Millionen Verluste zu verkraften hatte und Mattel und Coleco sich aus dem Videospielmarkt zurückzogen, war es das Land der aufgehenden Sonne, das von nun an eine tragende Rolle auf dem Sektor Videospiele übernehmen sollte. Namentlich, die bis dato als Spielkarten-Hersteller bekannte Firma “Nintendo” reanimierte das weltweite Videospielgeschäft. Allerdings gelang auch Nintendo nicht etwa über Nacht der überragende Erfolg.
Bereits 1977 erschien in Japan die PONG-Konsole “Color TV Game 6” und ein Jahr später das Update “Color TV Game 15”. Über eine Millionen Mal verkaufte sich die Konsole. Für das Design zeichnete sich ein gewisser Herr Shigeru Miyamoto verantwortlich. Es war das erste Nintendo Projekt, an dem er arbeitete.
Ich hätte es selbst nicht für möglich gehalten, aber ich habe tatsächlich im Netz einen Werbespot für die CTG-Konsolen gefunden. Und, suprise surpise… am Ende spielt eine glückliche Familie! Aber seht selbst:

Nintendo hatte Blut geleckt. Als nächstes folgten die “Game & Watch” Handhelds, die 1980 das Licht der Welt erblickten. Ich hole etwas weiter aus, um Euch eine weitere Nintendo Persönlichkeit vorzustellen, die noch eine tragende Rolle in Nintendo’s Geschichte spielen sollte:

Gunpei Yokoi begann 1965, im Alter von 24 Jahren, bei Nintendo zu arbeiten. Zu diesem Zeitpunkt ist Nintendos Hauptgeschäft die Herstellung von sogenannten “Hanafunda Spielkarten”. 1899, als Fusajiro Yamauchi Nintendo gründete (damals noch “Nintendo Koppai”), wurden die Spielkarten noch von Hand gezeichnet und hergestellt. 1965 erledigten diesen Job Maschinen. Diese wiederum wurden von dem noch Jungen Gunpei Yokoi gewartet. Yokoi war Techniker und Hausmeister bei Nintendo, der in seiner Freizeit gerne bastelte und Spielsachen erfand. Als ihm langweilig war, bastelte er sich einen bionischen Verlängerungsarm aus Plastik, mit dem er sich in der Fabrik die Zeit vertrieb. 1970 kam Hiroshi Yamauchi, Ur-Enkel von Fusajiro und mittlerweile Präsident von Nintendo, in die Fabrik um sich einen Überblick zu verschaffen. Er sah Yokoi mit seinem Spielzeug und war begeistert. Yamauchi befahl Yokoi diesen Arm als offizielles Nintendo-Spielzeug für das kommende Weihnachtsgeschäft zu entwickeln. Die Ultra Hand verkaufte sich mehr als 1.2 Millionen mal und Gunpei Yokoi sollte fortan seine Brötchen als Produktentwickler bei Nintendo verdienen. Zu diesem Zeitpunkt wusste er noch nicht, dass er mal Nintendos erfolgreichste Konsole erfinden würde…

Nach den ersten Erfolgen mit den CTG-Konsolen wollte Nintendo mehr vom Videospielkuchen. Yamauchi beauftragte Yokoi mit der Entwicklung neuer Produktideen. Als Gunpei Yokoi in einem Zug einen Mann gelangweilt mit einem Taschenrechner spielen sieht, kommt ihm die Idee der ersten Handheld-Konsolen. Die “Game & Watch” Handhelds waren geboren. Obwohl spielerisch arg limitiert, waren die neuen Handhelds für Nintendo Richtungsweisend. Sie gelten nicht nur als direkter Prototyp des Game Boys, sie haben auch das Steuerkreuz (D-Pad) ins Leben gerufen, das sich Nintendo in dieser Form sogar hat patentieren lassen.
Anfang der 80er war Nintendo auch außerhalb Japans eine Marke geworden. 1981 veröffentlichten Yokoi und Miyamoto ihr erstes gemeinsames Projekt: Einen Automaten namens “Donkey Kong”. Donkey Kong machte Nintendo weltweit berühmt und führte ganz nebenbei einen kleinen italienischen Klempner namens “Mario” ein. 1983 erschien der Quasi-Nachfolger “Mario Bros.” und Luigi war geboren. Das besondere daran war, dass zum ersten Mal sowas wie “Maskottchen” mit einer Videospielmarke verbunden wurde. Pac-Man war zwar bekannter, aber als “Persönlichkeit” nicht wirklich greifbar. Der folgende “Game & Watch” Spot stammt aus dem Jahr 1983:

1983 – Nintendo Entertainment System (NES)

Durch den überragenden Erfolg ihrer Arcade-Automaten hatte Nintendo das nötige Selbstbewusstsein gesammelt um, entgegen dem Trend, eine neue Spielkonsole für den Heimgebrauch zu entwickeln.
Während in Amerika der Videospiel-Crash zahlreiche Fimen in die Pleite trieb, werkelte das “Reasearch & Development Team 2” (R&D 2) unter der Leitung von Masayuki Uemura am so genannten “Family Computer”. 1983 kam der “Famicom” in Japan auf den Markt. Nach anfänglichen Problemen (durch schlechte Chipsätze rauchten einige Konsolen ab), konnte sich der Famicom am japanischen Markt durchsetzen. Bis Ende 1984 verkaufte er sich über 2.5 Millionen Mal.

Für 1985 plante Nintendo die Invasion in die amerikanischen Kinderzimmer. Ursprünglich wollte man eine überarbeitete Version vom Famicom mit Hilfe von Atari als “Nintendo Enhanced Video System”, auf den US-Markt bringen. Atari wollte ebenfalls, konnte aber wegen dem Videospielcrash dass Projekt finanziell nicht mehr stemmen. Nintendo war somit auf sich allein gestellt und präsentierte auf der “Consumer Electronic Show” 1984 das “Advanced Video System (AVS)” vor. Durch den Erfolg des C64 glaubte man bei Nintendo offenbar, dass der amerikanische Markt nur einzunehmen sei, wenn man die Konsole als optionalen Heimcomputer anbietet. Obwohl das “AVS” technisch den etablierten Konsolen und dem C64 überlegen war, wollte der Einzelhandel das AVS nicht anbieten. 1985 war es dann soweit. Nintendo besann sich auf seine Stärken, verwarf alle Heimcomputer-Ansätze und brachte den Famicom als “Nintendo Entertainment System” auf den US Markt. Nach anfänglicher Skepsis eroberte Nintendo Stadt für Stadt die Amerikaner. Zum Start wurde die neue Konsole nur in New York City verkauft, ehe man andere Großstädte wie Los Angeles und Chicago in Angriff nahm. Im Februar 1986 wurde das NES flächendeckend in den USA angeboten. 1987 wurden in den USA 4.1 Millionen Videospielkonsolen verkauft. Drei Millionen davon waren das Nintendo Entertainment System.

Interessant bei der Werbung ist, dass Nintendo die Kinder und Jugendliche als Hauptzielgruppe ausgemacht hatte, im Gegensatz zu Commodore und Atari, die vor allem auf die Familie als Ganzes setzten. Nintendo stellte das NES tatsächlich als Spielzeug dar. Ebenfalls gut zu sehen, dass in den Spots nicht die Rede vom NES ist, sondern nur von “Nintendo”. Eine Besonderheit der damaligen Zeit.
Heute ist es undenkbar, dass man ein Spiel für “Sony”, “Microsoft” oder “Nintendo” kauft. Damals war aber klar, wenn das Spiel für “Nintendo” war, dass es nur für das NES sein konnte. Auch das Master System wurde damals üblicherweise nur als “Sega” tituliert (“I got a new game for my Sega”).

Es folgen ein paar interessante Werbespots, die man gesehen haben sollte. Den Anfang macht der aller erste NES Spot zur Markteinführung in den USA. Besonderes Augenmerk sollte man auf R.O.B., den Nintendo Roboter legen. Der war zwar ein kommerzieller Flop, sorgte aber für enorme Aufmerksamkeit. Im Prinzip billige Effekthascherei, die aber in den vom Sci-Fi geprägten 80er Jahren ihre Wirkung erzielte.

Fast schon Betrug ist die Werbung für den PowerGlove. Die Werbung suggeriert, dass der Handschuh im Prinzip so funktioniert wie die Wiimote es heute macht. Das war natürlich großer Quatsch.
Der PowerGlove sah zwar cool aus, frustrierte aber durch völlige Unspielbarkeit. Mit viel Liebe kann man dem PowerGlove unterstellen, der erste Prototyp für die Wii gewesen zu sein. Wer einen fundierten und äußerst sachlichen Test zum PowerGlove sucht, sollte sich die PowerGlove Episode des Angry Video Game Nerds ansehen.
Und hier besagter Spot:

Big S

Während Nintendo unentwegt an der Videospiel-Hegemonie werkelte, bahnte sich eine andere Firma den Weg in die Spielhallen und später in Millionen von Kinderzimmern. Die Rede ist natürlich von Sega, das entgegen der weitverbreiteten Meinung, ursprünglich kein japanisches Unternehmen war. 1940 gründeten die drei Amerikaner Marty Bromley, Irving Bromberg und James Humpert in Honolulu, Hawaii die Firma “Standard Games”, die sich auf die Herstellung von Spielautomaten für amerikanische Militärstützpunkte spezialisierte. Da die Staaten in den USA den Markt der “Glücksspiel-Automaten” stark regulierten und diese teilweise sogar verboten, zog es Bromley nach Japan. Nach dem zweiten Weltkrieg investierten die USA stark in den Wiederaufbau und die Wirtschaft Japans. Bromley sah dort eine große Chance für seine Spielautomaten. 1951 zog “Standard Games” nach Japan und im Mai 1952 regstrierte sich die Firma als " Service Games of Japan ".
1965 schloss sich “Service Games” mit “Rosen Enterprises” zusammen. “Rosen Enterprises” wurde 1954 von David Rosen gegründet. Der Amerikaner, der während des Korea Krieges in Japan stationiert war, gründete seine Firma in Tokyo, um dort elektronische Unterhaltungsautomaten zu importieren und in Japan zu verkaufen. Vor allem seine Fotoautmaten erfreuten sich in Japan großer Beliebtheit. Als in Amerika der Markt für Spielautomaten stagnierte, hatte Rosens Stunde geschlagen. Während außer Flippern in Amerika kaum noch was ging, boomte in Japan der Markt. Der Zusammenschluss 1965 war nur logisch. Aus “Service Games” und “Rosen Enterprises” wurde “Sega Enterprises”. 1966 kam der erste Spielautomat “Periscope” (siehe Gallerie) unter dem neuen Label heraus. Es folgten eine Reihe innovativer Arcade-Automaten und Slotmachines.

SEGA Automaten

Beschreibung: Die ersten SEGA Automaten aus den 60er und 70er Jahren

Periscope war ein weltweiter Hit und Sega mauserte sich zu einem lukrativen Unternehmen. Bis heute stellen Arcade-Automaten Sega’s wirtschaftliches Standbein dar.
Besonders hervorheben muss man “Zaxxon”, einer der bis heute erfolgreichsten Automaten von Sega, der zwischen 1982 und 1985 auf nahezu jeder Konsole (mit Ausnahme des NES natürlich) erschien.

Ein interessanter Vergleich bietet sich an. Zuerst der offizielle Zaxxon Werbespot:

Es folgt das tatsächliche Spiel:

Wer einen Unterschied zwischen den Spielszenen findet, bekommt einen Keks. Und wer sieht eigentlich so bescheuert beim Zocken aus, wie der Typ aus dem Werbespot?

An dieser Stelle spare ich es mir, jetzt alle Käufer, Verkäufer, Shareholder und Gesellschafter von Sega aufzuzählen. Wichtig ist eigentlich nur, dass, obwohl Sega ständig von anderen Firmen gekauft und verkauft wurde, David Rosen der mächtige Mann an Sega’s Spitze blieb und Mitte der 80er dann Isao Okawa Präsident von Sega wurde.
Viel Interessanter war Sega’s Entwicklung und der Einstieg in die Welt des “Home Entertainment”.

1983 – SG-1000

Am 15. Juli 1983 erschien in Japan das “Sega Game 1000”, kurz “SG-1000”. Ein fast schon symbolträchtiges Datum, denn exakt am gleichen Tag erschien auch Nintendo’s Famicom! Ein Zweikampf der Konsolen begann, der Nintendo und Sega bis ins neue Millenium zu erbitterten Konkurrenten machte und so Begriffe wie “System War” oder “Konsolen-Krieg” prägte.
Das SG-1000 hatte keine Chance gegen den Famicom, der sich wie warme Semmeln in Japan verkaufte. Bereits ein Jahr später legte Sega mit dem “SG-1000 II” nach, der aber lediglich vom Design verändert wurde und daher genauso wenig eine Konkurrenz für Nintendo darstellte. Auch der “SC-3000” ein Sega Heimcomputer, der dem C64 den nacheiferte, floppte. Doch das SG-1000 brachte auch positives Entwicklungen bei Sega. Nämlich personeller Natur. Was für Nintendo Gunpei Yokoi und Shigeru Miyamoto waren, waren für Sega Yu Suzuki und Yuji Naka, die ihre ersten Spiele für das SG-1000 entwickelten.
Das Problem des SG-1000 war, dass es quasi nichts anderes als eine ColecoVision war. Nintendo war Hardware-Technisch um einiges vorraus: Das NES bot “sidescrolling”. Erstmals konnte man von links nach rechts laufen, ohne den Bildschirm rand zu berühren und ohne zu “blättern”. Was heute unspektakulär klingt, war damals ein Entwicklungsschritt, der vergleichbar mit dem Übergang von 2D zu 3D ist.
Die folgenden japanischen SG-1000 Spots zeigen, dass Sega irgendwie schon immer einen Hang zu “abgefahrener” Werbung hatte:

Ein sehr schöne Zusammenfassung über Sega’s erste Schritte gibt es auch:

1985 – Sega Master System

Es dauerte über zwei Jahre, bis Sega endlich ein konkurrenzfähiges Stück Hardware gegen Nintendos Vorherrschaft in die Krieg schicken konnte. Im Oktober 1985 erschien in Japan das “Mark III das im Juni 1986, also ein Jahr nach dem Release des “NES” als “Sega Master System” in den USA auf den Markt kam. Der Zeitpunkt für einen neuen Angriff auf den amerikanischen Markt schien perfekt. Sega hatte sich durch ihre Spielautmaten (namentlich durch Yu Suzuki’s Automaten “Space Harrier” und “Hang-On”) einen guten Namen gemacht. Da das “Master System” (ab 1987 auch unter diesem Namen in Japan verkauft) in Japan auf Grund mangelnder Software einen schwachen Start hinlegte, wollte man bei Sega nicht den gleichen Fehler zwei Mal machen. Für den US Start hatte man ein ordentliches Software-Lineup mit Umsetzungen vieler beliebter Automaten: Choplifter, Space Harrier, Wonder Boy und Zaxxon waren dabei. Später folgten Titel wie Outrun, Shinobi und After Burner. Sega festigte sein Image, echtes Spielhallen-Feeling nach Hause zu bringen. Aber Sega lernte auch von Nintendo. Mit “Super Mario Bros.” lieferte Nintendo den Blockbuster schlechthin ab und gab der Marke ein Gesicht. Sega brauchte etwas vergleichbares und liefert kurz nach Verkaufsstart in den USA “Alex Kidd In Miracle World” nach. Ein großer Fehler von Sega war es, kein Master System Bundle mit Alex Kidd anzubieten. Obwohl das Spiel gut ankam, kurbelte es nur marginal die Hardware-Verkäufe an.
Sega konnte sich nicht wie Nintendo auf die enorme 3rd Party Unterstützung verlassen und versuchte immer wieder mit neuen Ideen um die Gunst der Kinder zu buhlen. So hatte das Master System neben einem Slot für Cartridges auch noch einen Slot für Game-Karten. Man erhoffte sich davon, dass die Kids diese Spiele quasi mit in die Schule nehmen und untereinander tauschen und die Karten so einen zusätzlichen Reiz für das Master System darstellten. Die Karten floppten total und in späteren Versionen der Sega Konsole, dem Master System 2, war der Karten-Slot bereits wegrationalisiert worden. Auch die 1987 auf den Markt geworfene 3D-Brille, obowohl innovativ und gut umgesetzt, floppte: Zu teuer und zu wenige Spiele. Zumindest sieht man rückblickend, dass Sega seit jeher immer wieder mit neuen Produktideen aufwartet. Sei es das Mega-CD, das 32X, die VMUs usw. Leider floppte nahezu jede dieser Innovationen.

Ende 1987 beherrschte Nintendo 90% des Marktes in den USA. Anfang 1988 hatte Nintendo bereits sieben Millionen Konsolen verkauft und die Zahl verdoppelte sich bis zum Ende des Jahres. Sega konnte gegen das aggressive Marketing von Nintendo nicht ankämpfen, zumal Nintendo durch ihre Vormachtstellung am längeren Hebel saß. Vielen 3rd-Party Herstellern wurde gedroht, falls sie für das Master System entwickeln, würden sie ihre Lizenz für das NES verlieren. Das Master System, obwohl in Europa durchaus erfolgreich, war verglichen mit dem NES ein Desaster. In Japan konnte man den Vorsprung des NES nie aufholen und auch in den USA gelang es nicht am Thron von Big N zu rütteln.

Sega hatte die 8-Bit Schlacht gegen Nintendo verloren, aber der Krieg war noch lange nicht vorbei…

Mehr dazu in Teil 3 meiner kleinen Geschichte der Videospiele und ihrer Werbung.

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