Hand hoch: Wer von euch kennt die Band „The Dillinger Escape Plan“? Hm, das sind ja doch schon ein paar. Und wer kennt die Geschichte des Bankräubers John Dillinger, der für den Bandnamen Pate stand? Dachte ich mir. Ich auch nicht. Aber das macht nix, denn Action-Spezialist Michael Mann bringt jetzt ein sehr lockeres Biopic über Amerikas berühmtesten Kriminellen ins Kino. Das Gute: In den Hauptrollen sind Johnny Depp und Christian Bale. Das schlechte: Leider ist der Film nicht besonders toll.

Man muss vielleicht dazu sagen, dass die Figur des John Dillinger in Amerika jedes Kind kennt. Wie eine Art Robin Hood der 30er Jahre hat es der Kriminelle jahrelang geschafft, die Polizei an der Nase herum zu führen – tatsächlich waren seine enormen Streifzüge durch die Banken des gesamten Landes ein wesentlicher Grund dafür, eine kleine Bundeseinheit namens FBI ins Leben zu rufen. Da er stets nur die ganz, ganz Reichen bestahl („Wir wollen das Geld der Bank, nicht Ihres.“) und ein wortgewandtes, charmantes Schlitzohr war, hegten viele einfache Leute eine heimliche Sympathie für den klauenden „Rächer“. Schnell umgab ihn eine fast mystische Aura, die bis heute nachwirkt. Und da Dillinger mit dem jungen, ehrgeizigen Polizisten Melvin Purvis einen erbitterten Gegenspieler hatte UND es im Jahr 1934 zu einem hochdramatischen Finale vor einem Kino kam, erzählt sich diese Räuberpistole doch von selbst, oder? Nicht ganz. Denn streckenweise ist „Public Enemies“ mit seinen stolzen 140 Minuten Laufzeit doch ganz schön ode.

Hier war mal ein Bild das leider nicht gebackupt wurde :(

Dabei fängt alles ganz sympathisch an: Depp gibt den gewieften Schwerverbrecher mit schön schmierigem Oberlippenbärtchen, die Gangster haben IMMER eine Kippe im Maul und schießen einhändig mit Tommy Guns, weil sie mit der anderen ihren Filzhut zurecht rücken. Herrlich altmodisch, das alles – da haben die Bühnenbilder und Kostümschneider wirklich ganze Arbeit geleistet und die 30er Jahre nach der amerikanischen Prohibition perfekt eingefangen. Überhaupt ist es eine echte Wohltat, mal wieder einen klassischen Banküberfall der guten, alten Schule zu sehen – keine langwierigen Lagebesprechungen, keine Laserausrüstung, kein bescheuertes Hightech-Blabla. Einfach rein, dem Personal auf’s Maul hauen, Kohle abkassieren und verduften. Und nebenbei noch die scharfe Unbekannte in der Bar klar machen, in diesem Fall gespielt von der letzten Oscar-Gewinnerin Marion Cottilard.

Hier war mal ein Bild das leider nicht gebackupt wurde :(

Muss schon sagen, war nicht das schlechteste Leben als Gangster damals. Aber natürlich lassen sich die amerikanischen Behörden auch nicht ewig verarschen und wollen Dillinger irgend wann doch gerne mal hinter Gittern sehen. Oder unter der Erde. Auftritt Christian Bale als Malvin Purvis. Und wer nun denkt „Geil, endlich geht’s los!“, der liegt leider falsch.

Ach, Christian Bale. Was ist bloß los mit dir? Früher kamen von dir Spitzenfilme wie „Maschinist“, auch in „American Psycho“ warst du schweinecool, du bist verdammt noch mal „The Dark Knight“ – und nun? Nach dem Totalausfall in „Terminator – Die Erlösung“ die nächste schwache Leistung. Vielleicht liegt’s am internationalen Superstar-Druck, vielleicht klingen Filme als Drehbuch immer besser als sie wirklich sind, aber viel Glück hat unser Freund Christian letzthin mit der Wahl seiner Rollen nicht gehabt. Auch in „Public Enemies“ hat er nicht viel mehr zu tun, als grimmig die Lippen aufeinander kneifen und nach Verstärkung rufen, wenn sein Feind John Dillinger wieder mal flüchten konnte. Das ist extrem schade, denn die überlebensgroße Figur Dillinger hätte dringend einen ebenso starken Konterpart gebraucht. Das hat im absolut brillanten „Heat“ ja auch geklappt – da hatten Robert de Niro und Al Pacino nur etwa sieben gemeinsame Minuten auf der Leinwand, aber die haben fast Funken geschlagen vor Spannung. In „Public Enemies“ spielen Depp und Bale fast gar nicht zusammen, entwickeln keinerlei Chemie und gerade Bale wirkt chronisch unterfordert. Also zieht Johnny Depp seine bekannte Tour aus Großmäuligkeit und Charme ab, bekommt alle großen Szenen und lässt uns fast vergessen, dass es eben nicht nur um ihn geht. Das ist aber nicht seine Schuld, sondern die der Drehbuchschreiber. Das sagen immer alle, aber diesmal stimmt’s.

Hier war mal ein Bild das leider nicht gebackupt wurde :(

Noch ein Wort zum optischen Stil: Dass Regisseur Michael Mann eine Liebe für die ultramoderne, hyperrealistische Wackelkamera in Video-Ästhetik hat, ist ja bekannt. Aber was bei „Miami Vice“ noch passend cool gewirkt hat, stört in „Public Enemies“ ziemlich. Ständig huschen unpassende Schwenks durchs Bild, schlecht ausgeleuchtete Szenen lassen mehr erahnen als erkennen und die zahlreichen Close ups auf die Gesichter der Hauptdarsteller sind auch nicht immer wirklich schön. Aber so kann man wenigstens mal genau nachprüfen, ob Johnny Depp Pickel auf der Nase hat. Uah.

Nein, richtig schlecht ist „Public Enemies“ nicht. Aber sein Potenzial schöpft der Film nicht mal ansatzweise aus. Wenn Großmeister wie Johnny Depp, Christian Bale und Michael Mann in den Credits erscheinen, darf man gefälligst nicht weniger erwarten als ein komplexes, hoch spannendes Gangster-Epos über Schuld und Sühne, gerne mit viel, viel Action. Aber leider ist „Public Enemies“ weder episch noch hoch spannend. Irgendwie kriegt man danach eher Bock auf Dick Tracy.

Um euch die Wartezeit auf den Starttermin am 6. August zu verkürzen, hier noch der offizielle Trailer, den ihr natürlich auch auf der offiziellen Seite findet. Prognosen eurerseits sind aber schon jetzt immer willkommen!

Ach ja, und weil ich mich sehr über den Mini-Gastauftritt meines persönlichen “Lost”-Hotties Emilie de Ravin gefreut habe und mir keine Ausrede zu fadenscheinig ist, um das Bild einer heißen Frau zu posten … bitte sehr.

Hier war mal ein Bild das leider nicht gebackupt wurde :(