Guten Tach miteinander.

Damit ich trotz meiner Tätigkeit als GameOne-Redakteur nicht irgendwann komplett meschugge werde, widme ich einen Großteil meiner kargen Freizeit meinen Hobbies. Ich mache u.a. feine Musik, model gelegentlich in Netzstrumpfhosen und betätige mich auch mal als Podcastmoderator. Wenn dann doch noch ein wenig Zeit übrig bleibt, widme ich sie meiner alten Liebe: dem japanischen Rollenspiel.

Eines der beliebtesten Features meiner privaten Website sind die RPG-Tagebücher, in denen ein Spiel durchzocke und in regelmäßigen Abständen meine Gedanken, Eindrücke sowie Ideen niederschreibe. Eigentlich hatte ich in den vergangenen Monaten nur wenig Grund diese alte Tradition wieder aufleben zu lassen, doch dann kam letzte Woche Post von Square Enix ins Haus geflattert. Ich machte das Paket auf und was war drin? Ein brandfrisches Exemplar der PAL-Version von Star Ocean: The Last Hope für die Xbox360!

Star Ocean: The Last Hope war nach einer kleinen Dürreperiode 2008 endlich mal wieder ein NextGen-Rollenspiel, auf das ich mich als Genre-Fan freuen konnte. Während Titel wie Final Fantasy XIII oder die PAL-Ausgabe von Tales of Vesperia immer weiter verschoben wurden, bescherte uns Square Enix in dem Zeitraum mit The Last Remnant oder Infinite Undiscovery leider maximal nur Mittelmaß. Schade eigentlich, aber so blieb mir wenigstens genug Zeit für Fallout 3 … immerhin etwas.

Jetzt ist The Last Hope nach ein paar kleineren Delays endlich auch in Europa erschienen und kam damit gerade richtig, um mir die Sommerpause ein wenig zu versüßen. In meine Vorfreude schlich sich allerdings auch ein wenig Skepsis, denn die Enttäuschung über den Vorgänger hatte ich immer noch nicht so richtig verdaut. Wer mit der Serie nicht vertraut ist: Star Ocean startete Mitte der 90’er auf dem Super Nintendo und kehrte seitdem in regelmäßigen Abständen zu jeder neuen Konsolengeneration wieder zurück. Während ich mit The Second Story auf der PSOne durchweg Spaß hatte, ist Till the End of Time für die PS2 eines der wenigen RPGs die ich mittendrin abbrechen musste, weil ich sonst Angst um mein geistiges Wohlbefinden gehabt hätte.

Lange Jahre habe ich Star Ocean deswegen gemieden, doch dann fielen mir die kürzlich erschienenen PSP-Remakes der ersten beiden Teile in die Hände. Die haben mich dann wieder dran erinnert was mir an der Serie so gefallen hat, die Trailer & deutschen TV-Spots zu The Last Hope taten dann ihr Übriges… flux war das Spiel vorbestellt. Jetzt ist aus dem “kurz mal Einlegen zum Austesten” ein durchgezocktes Wochenende geworden, der Tacho zeigt 12 Spielstunden an und ich nähere mich gefühlt dem Ende der ersten von drei DVDs – Zeit für eine kleine Bestandsaufnahme.

Das Besondere an Star Ocean war schon immer das Setting. Während sich viele andere Rollenspiele gerne nur in Mittelalter-Fantasy oder Endzeit-Szenarien bewegen ist Star Ocean sozusagen Star Trek in Videospielform. Nach einem Atomkrieg hat die Menschheit die Raumfahrt für sich entdeckt und sucht nun im Weltall nach neuen Lebensformen und neuen Zivilisationen. Ein Japano-RPG wäre aber kein Japano-RPG wenn es sich nicht hemmungslos aus der Klischee-Kiste bedienen würde, und da greift Star Ocean in die Vollen – von epischen Raumschlachten über kriegerische Alienvölker bishin zu Zeitreisen per schwarzen Löchern werden so ziemlich alle gängigen SciFi-Konzepte im Laufe der Serie “zitiert”.

Während die älteren Star Ocean-Spiele die Menschen als alteingesessene Weltraum-Haudegen präsentieren, dreht The Last Hope die Zeitschraube auf Anfang: seit dem Atomkrieg sind erst ein paar Jahrzehnte vergangen, die Menschheit wagt ihre ersten großen Expeditionen mit einer experimentellen Raumflotte. Als aufgeweckter Nachwuchs-Spacekadett ist man nun mit an Bord und bekommt durch allerlei Irrungen und Wirrungen die Aufgabe, einen neuen Planeten für die Menschen zu finden und den Fortbestand der Zivilisation zu sichern. Für den Spielablauf bedeutet dies dass man sich auf große Weltraum-Tour begibt, dabei der Storyline folgt und mit seinem Raumgleiter etliche Planeten sowie Raumstationen besucht.

Was mir jetzt schon in den ersten Spielstunden gefällt ist die Tatsache, dass sich kaum voraussagen lässt, in welche Richtung sich das Spiel entwickelt. Auf was für Aliens wird man treffen? In welchem Zeitalter befindet sich ihre Zivilisation? The Last Hope lässt sich nie auf ein Design festnageln und frischt so seinen Look immer wieder rechtzeitig auf, bevor man sich im aktuellen Setting langweilen kann. Dies war einer der größten Makel an Till the End of Time: dort ist man nach ein paar Minuten im All auf einem lahmen Mittelalter-Planeten gelandet und hat da den Großteil des Spieles verbracht. So richtig kreativ sind die Settings bei The Last Hope letztenendes zwar auch nicht, aber als SciFi-Nerd haben mir die deutlich erkennbaren Zitate ein ums andere Mal ein Schmunzeln abgerungen. Ich mag’s bis jetzt.

Neben dem SciFi-Schwerpunkt ist die Serie vor allem für ihr actionlastiges Kampfsystem bekannt. Ähnlich wie bei den Tales-Spielen von Namco verzichtet Star Ocean dabei auf rundenbasiertes Gekloppe und lässt einen das Space-Getier in Echtzeit auseinander nehmen. In abgesteckten Arealen laufen dann Party wie Gegner wild hin und her und tauchen den Bildschirm in in große Farbexplosionen, während man selbst auf die Tasten hämmert und nach der besten Kameraperspektive sucht.

Auch wenn sich dieser Satz eher negativ anhört, klappt das Kämpfen in Star Ocean erstaunlich gut und macht sogar Spaß. Ich spiele momentan auf der normalen Schwierigkeitsstufe und brauche dort zum Glück nicht alle fein-justierten Nuancen der Engine zu verstehen, um erfolgreich zu sein. Die werden zwar direkt zu Beginn des Spieles in einem ellenlangen Tutorial erklärt, aber ich hatte in dem Moment einfach keinen Bock drauf zu lernen, hehe. Mehr zum Kampfsystem im nächsten Teil, wenn sich meine Meinung dazu etwas mehr gefestigt hat.

Spielerisch gibt es bis dato ansonsten nicht allzu viel zu meckern. Es gibt keine Zufallskämpfe, man kann die Gegner jederzeit herumlaufen sehen und ihnen sogar größtenteils ausweichen, wenn man mal keine Lust drauf hat. Die Dungeons sind relativ variabel und gefühlt eine Spur zu lang, entschädigen dafür aber mit ein paar netten Rätsel-Ideen, denen man sich dank der nicht vorhandenen Random Encounter ohne Unterbrechung widmen kann. Wie gut die Battle-Engine ist muss ich wie gesagt noch etwas weiter ausloten, aber da sehe ich keine größeren Probleme. Technisch bin ich von der HD-Grafik echt angetan, die gerade in den Zwischensequenzen richtig gut ausschaut, dafür im Spiel allerdings gelegentlich ruckelt. Gegen die Klassik-Musik ist eigentlich auch nichts einzuwenden, allerdings greift Stammkomponist Motoi Sakuraba so tief in seine eigene Klischee-Kiste, dass ich mich so fühle als hätte ich die Sounds schon tausendfach gehört… nächstes Mal bitte bitte bitte mal Neues für meine Ohren.

Bleiben also noch Charaktere sowie die Storyline, und da bin ich zu einer recht interessanten Erkenntnis gekommen: Star Ocean: The Last Hope ist das Spiel was rausgekommen wäre, wenn die Japaner Mass Effect programmiert hätten. Strukturell sind beide Spiele nämlich fast gleich – als Captain einer stetig wachsenden Gruppe von Menschen und Aliens fliegt man im eigenen Raumschiff durchs All und baut Beziehungen untereinander auf. Der Unterschied liegt aber in der Design-Philosophie, und da könnten beide Titel nicht weiter voneinander entfernt sein. Dies zeigt ich am deutlichsten bei den Charakteren: Während Mass Effect auf kernige Space Marines wie John Shepard setzt, ist der Protagonist von The Last Hope ein leicht femininer Bursche mit Herz aus Gold namens Edge Maverick:

Hier war mal ein Bild das leider nicht gebackupt wurde :(

Wie man sieht, irgendwie ähnlich, aber doch komplett anders. Dies zieht sich in der Form auch durch den Rest der beiden Spiele. Wenn Mass Effect riesige Söldner-Aliens und blauhäutige Wissenschaftlerinnen hat, sind bei The Last Hope großbusige Space-Elfen und Kleinkinder mit Bommeln an den Schuhen angesagt. In Mass Effect ballert man in Echtzeit wie bei einem Teamshooter, in The Last Hope kloppt man in Echtzeit wie bei einem Action-Adventure. Mass Effect streckt die Spieldauer mit sinnlosen Sidequests, The Last Hope streckt die Spieldauer mit sinnlosen Sammelspielchen. Es ist echt interessant zu beobachten wie unterschiedlich die Ergebnisse sein können, auch wenn beide Entwicklerteams augenscheinlich mit derselben Grundidee gestartet sind.

Im Moment bin ich wie gesagt wohl recht nah am Ende der ersten DVD und kann noch nicht wirklich sagen, ob The Last Hope nun besser oder schlechter als sein Cousin aus Amerika ist. Ich finde Mass Effect trotz seiner zahlreichen Makel immer noch fantastisch und freue mich wie Blöde auf den zweiten Teil. The Last Hope trifft in der Zwischenzeit fast die gleichen Nerven bei mir, auch wenn man natürlich ein Faible / Toleranz gegenüber den Japano-Klischees mitbringen muss, um es vollends genießen zu können.

Zum aktuellen Zeitpunkt sehe ich Mass Effect als auch das vergleichbare Rogue Galaxy auf der PS2 einen Tacken vorne, aber gerade kam ein ganz cooler Plot-Twist bei The Last Hope, der wieder echt Bock für die nächsten Spielstunden macht. Ich melde mich gegen Ende der zweiten DVD dann wieder und berichte dann, wie ich das Spiel dann so finde. Wenn das Let’s Play zu The Last Hope mal beendet ist werde ich mich übrigens dem Rest der Star Ocean-Spiele in gleicher Form widmen, wer mitmachen will sei herzlich eingeladen. Verfolgt in der Zwischenzeit meine Updates bei Twitter.

Bis denne.