Heute erscheint “The Vanishing of Ethan Carter” von The Astronauts aus Warschau und verspricht vor allem eins: Augen-Süßigkeiten ohne Ende. Das ist natürlich ein Fall für die Optiker. Dummerweise ist Kollege Micha im wohlverdienten Urlaub, also “musste” ich mich im Alleingang auf das Spiel stürzen, von dem im Vorfeld zwar einige Videos veröffentlicht wurden, von dem ich mir aber trotzdem nie wirklich ein Bild machen konnte. Alles was ich wusste, war: Hier kommt eine der ganz großen Grafikhoffnungen 2014.

Nach einer guten Stunde Spielzeit kann ich über den Inhalt des Spiels noch so gut wie kein Urteil fällen und möchte hier auch nicht weiter darauf eingehen, dafür kann ich die Optik schon eindeutig bewerten. Die Entwickler haben Wort gehalten und eine der beeindruckensten und realistischsten Landschaften geschaffen, die ich je in einem Videospiel gesehen habe. Allein im Opener fällt mir im Sekundentakt die Kinnlade gen Tischplatte. Dabei kommt das Spiel völlig ohne Intro-Video aus, versetzt mich im Gegenzug aber direkt in die Rolle des übersinnlich begabten Detektivs Paul Prospero, der sich auf die Suche nach einem Jungen namens Ethan Carter macht, nachdem dieser ihm einen verzweifelten Brief schickt. Red Creek Valley, die Heimatgegend von Ethan, ist dabei so grandios designed, das ich mich streckenweise in einer Naturdoku wähne.

Gleich zu Beginn präsentiert sich “The Vanishing of Ethan Carter” von seiner besten Seite und führt mich auf eine alte Eisenbahnbrücke, von der aus ich das halbe Tal überblicken kann. Besonders auffällig hier ist die Sichtweite, die sogar Micha ein zufriedenes Grinsen aufs Gesicht zaubern wird, da bin ich sicher (wer schon einmal die Optiker gesehen hat, weiß, dass er darauf besonders viel Wert legt). Zudem ertappe ich mich einige Male dabei, wie ich meinen Charakter mehr als ein Mal nervös zu Boden schauen lasse, weil die alten Holzplanken an manchen Stellen verdächtig morsch wirken. Auch die Vegetation ist ein echter Hingucker; Bäume, Sträucher und Gras wiegen sanft im Wind, große Felsbrocken ragen stumm und bedrohlich zu beiden Seiten des Hohlweges auf. Das Wasser des nahen Sees wirkt extrem plastisch und das atmosphärische Licht trägt seinen Teil zur Stimmung bei.

Die wahren Stars des Spiels sind jedoch die Texturen. Die sind so unglaublich scharf, dass ich immer wieder stehenbleibe, um mir Bäume, Steine, Schilder, Bahnschienen und alte Gebäude aus der Nähe anzusehen und zu prüfen, ob ihre Oberflächen nicht doch irgendwann zu einem großen Matsch verkommen. Aber keine Chance, auch aus der Nähe bleiben die Texturen in “The Vanishing of Ethan Carter” knackscharf – Da können selbst Grafik-Stars wie “Battlefield 4” oder “Hitman: Absolution” einpacken. Möglich macht das die Technik, mit der das polnische Team alle Objekte in der Landschaft erzeugt. Felsen, Bäume, Gebäude und Straßendecken wurden nämlich nicht im herkömmlichen Sinne modelliert, sondern aus vielen verschiedenen Winkeln abfotografiert und dann in 3D-Objekte umgewandelt. In einem letzten Schritt werden dann die fotografierten Texturen auf die Oberfläche gelegt und fertig sind die im wahrsten Sinne “fotorealistischen” Gegenstände und Landschaftsteile, die dann in die Spielwelt eingesetzt werden.

Im Gegensatz dazu kommen die gezeigten Menschen mit eher durchschnittlichen Modellen aus. Das geht meiner Meinung nach sogar so weit, dass die paar mehr oder weniger menschlichen Wesen, die mir während der ersten Spielminuten über den Weg laufen (oder auf jenem liegen), eher wie Fremdkörper in der ansonsten unwirklich realen Szenerie wirken. Zudem wirken die Animationen der Figuren ein wenig hölzern – schade eigentlich!

Erstes Optiker-Fazit: “The Vanishing of Ethan Carter” ist grafisch wirklich genauso eindrucksvoll, wie es uns die Videos seit Monaten weißmachen wollen. Tolles Landschaftsdesign und umwerfende Texturen erzeugen ein Setting, das man quasi durch den Bildschirm hindurch fühlen kann. Nur die menschlichen Figuren wollen auf den ersten Blick noch nicht recht ins Bild passen. Vielleicht ändert sich das ja auf den zweiten.


Unten habe ich ein paar erste Szenen aus dem Spiel für euch aufgenommen und zusammengeschnitten, die so wenig wie möglich spoilern, euch aber gleichzeitig einen Eindruck davon vermitteln sollen, wie beeindruckend die Landschaft in “The Vanishing of Ethan Carter” gestaltet ist.