Im April erscheint Silent Hill – Revelation auf DVD/Blu-Ray. Wir baten Daniel, dass er sich den Film für uns anschaut und uns aufklärt: Ist das noch Silent Hill?

Daniel:
Ja, wir hängen hinterher. Ja, die folgenden Zeilen wurden so oder so ähnlich schon zigfach formuliert. Und ja, eigentlich hätten wir auch über gefühlt Tausend andere Filme schreiben können. Aber da ich so nett gebeten wurde, immer gerne aushelfe und auch noch nie einen Kopfkino-Text geschrieben habe, stelle ich mich der undankbaren Aufgabe und verfasse ein kleines Pseudo-Pamphlet über eine gar nicht mal so unrelevante Spiel-Verfilmung. Möge es für Aufklärung, Information oder zumindest Zerstreuung sorgen. Es ist schließlich viel Gelaber.

Fragt man Zocker weltweit nach dem besten Spiel aller Zeiten, wird man garantiert kein einstimmiges Ergebnis erhalten. Vermutlich wäre die Liste umfangreicher als jede Hostessen-Kartei der Ergo Versicherungsgruppe. Fragt man sie allerdings nach der besten Spiel-Verfilmung aller Zeiten, wird die häufigste Antwort mit Sicherheit „Silent Hill“ lauten. Nun kam eine Fortsetzung und die Hoffnungen waren groß. Die Ängste aber auch. So viel vorweg: Teil 2 ist so mau wie erwartet – und dennoch nicht so schlimm wie befürchtet.

Doch zuvor führt kein Weg dran vorbei: Eine Besprechung zu „Revelation“ muss sich zuerst dem Vorgänger widmen. Unter anderem, um zu verdeutlichen wie schwer das Erbe ist, das eine Fortsetzung hier antritt. Um zu erklären, warum das Original eine so gelungene Game-Adaption ist. Oder einfach um die folgenden Zeilen mit einer interessanten Geschichte zu füllen. Im Falle dieser Rezension soll die Abhandlung des 1. Teils aber noch einen weiteren Zweck erfüllen: Zeigen, warum ich ihn so mag.

Der Legende nach soll Christophe „Crying Freeman“ Gans Konami fünf Jahre lang bekniet haben, damit er eine Verfilmung ihres Survival-Horrorgames „Silent Hill“ machen durfte. Gans war ein Hardcore-Fan des Titels und konnte die Lizenz-Inhaber schließlich mit einem Video überzeugen, in dem der Regisseur leidenschaftlich sich selbst und seine Vision vorstellte. Um dem Spiel, seinem Look und seinem Gefühl, gerecht zu werden und Darsteller wie Filmcrew darauf einzustimmen, ließ er dann am Set eine PlayStation 2 installieren, damit er allen „Silent Hill 2“ vorspielen konnte. Außerdem übernahm er nicht nur mehrere Titel des Spiel-Soundtracks, er machte auch dessen Komponisten, Akira Yamaoka, zum Teil seines Teams. Und er engagierte mit Roger Avery einen Drehbuchautor, der an ein paar der wichtigsten Filme der letzten 50 Jahre (er war Co-Autor von „Pulp Fiction“ oder „Reservoir Dogs“) beteiligt war.

Das alles konnte Gans zu einem Film verschmelzen, der seiner Vorlage gegenüber so viel Respekt wie kaum eine andere Adaption erwies. Er war vielleicht ein bisschen zu lang, spielgeschichtlich gesehen auch etwas zu umfangreich (es waren Elemente aus Silent Hill 1, 2, 3 und 4 enthalten) und am Ende leicht konfus, doch er ließ fast zu jeder Sekunde erkennen, mit wie viel Herz der Regisseur bei der Sache war. Und er konnte mich anhand seiner Stimmung, egal ob gemächlich oder unheimlich, seiner mal aschgrauen, mal rostigen Bilder, seiner verdammt gut eingesetzten Effekte und letztendlich seiner Härte wirklich begeistern. Da waren die soliden bis guten schauspielerischen Leistungen von Mitchell, Bean, Ferland & Co. nur die Spitze des Pyramidkopfes.

Leider war die internationale Fachpresse zum Großteil anderer Meinung. „Silent Hill“ erhielt überwiegend negative Kritiken. Dementsprechend war abzusehen, dass sich mit einer Fortsetzung einiges ändern würde. Laut Produzenten sollte sie gradliniger sein – und zugänglicher. Und natürlich auch in 3D. Der neue Mann dafür ist Solomon Kane“-Macher Michael J. Bassett, der nicht nur Christophe Gans im Regiestuhl ablöste, sondern auch das Drehbuch übernahm, da Roger Avery wegen einer Haftstrafe im Gefängnis saß. So beginnt das Script dann auch gleich mit einer echten Überraschung: Es knüpft, im Gegensatz zu den Spielen, an den Vorgänger an.

Wir erinnern uns: Weil Adoptivkind Sharon immer wieder von der Kleinstadt Silent Hill träumte, wurde sie von ihrer Mutter Rose in der Hoffnung auf Heilung dorthin gebracht. Sie landeten in einem Albtraum aus Okkultisten, Monstern und dem leibhaftigen Bösen in Form des kleinen Mädchens Alessa. Um diese zu besiegen, wollten die Okkultisten Sharon töten, da sie eine Art „Gute Seite“ von Alessa verkörpert, doch Rose konnte ihr Kind retten. Sie beide blieben allerdings in einer Parallelwelt gefangen. „Revelation“ setzt 10 Jahre danach an. Rose konnte ihr Kind letztlich doch auf die andere Seite zu ihrem Vater bringen, musste aber selbst im Nebelreich bleiben. Seitdem befinden sich Heather (so Sharons neuer Name) und Harry (so der ihres Vaters) auf der Flucht vor den Okkultisten. Und gerade als sich die beiden wieder irgendwo angesiedelt haben, hat sie der religiöse Kult auch schon wieder im Visier. Mit Heather als Opfer will er sich aus seiner Hölle befreien und gleichzeitig irgendeinen Messias zum Leben erwecken. So entführen die Okkultisten Harry und zwingen Heather an den einzigen Ort zurück zu kehren, von dem sie ihr Vater mit allen Mitteln fern halten wollte: Silent Hill.

Dieser ganze Prozess dauert gefühlte fünf Minuten, denn Bassett geht von Beginn an in die Vollen. Er eröffnet mit einer albtraumhaften Jahrmarktssequenz, die bereits optisch an den rotbraunen Look des dritten Spiels erinnert, führt kurz und knapp die wichtigsten Figuren ein, zeigt Heathers ersten Schultag und endet schließlich damit, dass sie mit dem ebenfalls neuen Mitschüler Vincent in Richtung Aschestadt aufbricht. Kenner der Vorlage werden merken, dass sich Bassett dann auch inhaltlich sehr stark auf Teil 3 der Spielreihe bezieht. Und sie werden sich zudem darüber freuen, dass in dieser Zeit schon diverse Trademarks des Spiels abgefeiert wurden. Man bekommt fast den Eindruck, dass hier ein ordentliches Sequel gelungen ist. Auch, weil Bassett so gekonnt wie wild und nahtlos zwischen Realitäts- und Albtraum-Momenten hin und her wechselt und dabei nicht mit Blut und Ekel geizt. Selbst die 3D-Einbindung erweist sich hier und da, wenn Ascheflocken, Über-Schwerter, abgehackte Finger oder Unterarme in Richtung Zuschauer fliegen, als zusätzlicher Gewinn.

Doch leider machen sich von Beginn an auch schon jede Menge Dellen im Lack bemerkbar. Zum Beispiel, dass das Böse, die rostige Parallelwelt, auch außerhalb von Silent Hill existiert. Und sie ist nicht nur für Heather sichtbar und gefährlich. Würde man logisch an die Sache rangehen, müsste man sich diesbezüglich sofort fragen, welche Bewandtnis die Stadt im Nebel dann eigentlich noch hat. Aber Horrorfilme und Logik sind ja gerne mal etwas großzügiger aufeinander abgestimmt, weshalb man das Ganze nicht unbedingt bereits nach seinem Einstieg innerlich abhaken kann. Nein, die eigentliche Ernüchterung folgt erst im Anschluss.

Spätestens in Silent Hill wird klar: Hier wird auf Nummer sicher gespielt. Und mit doch schon ausgelutschten Mitteln. So fühlt sich der Film nicht nur oftmals an wie ein klassischer C-Horror-Streifen, sondern auch wie einer der „Saw“-Teile. Ständig bizzelt irgendwo eine Glühbirne oder flackert eine Lichtquelle. Jump Scares werden mit kreischenden Sounds unterlegt, die entstellten Kreaturen und Gore-Effekte mit schnellen, abgehackten Schnitten in Szene gesetzt. Dort wo sich das Original noch Zeit genommen hat, um Spannung und Atmosphäre aufzubauen, überrollt der zweite Teil seinen Zuschauer mit Effekten. Dadurch existieren viele Szenen auch nur für ihren bloßen Schauwert, wie der nächste, echt dumm eingeleitete Auftritt der geräuschempfindlichen Krankenschwestern. Noch schlimmer: Pyramid Head, Alessas Bodyguard und Scharfrichter, wird zur Abrissbirne mit Lederschürze degradiert, der sich sogar einen „Resident Evil“-ähnlichen Kampf mit einer billigen Cenobite-Kopie liefern muss. Doch die richtige Facepalm-Nummer erlaubt sich Bassett mit der Figur des Vincent. Nicht nur, weil er von Kit Harrington (er ist Jon Snow in der TV-Serie „Game of Thrones“) erschreckend hölzern gespielt wird – er ergibt auch einfach keinen Sinn. Egal von welcher Seite man seine Geschichte, auf die wir aus Spoilergründen nicht näher eingehen wollen, beleuchtet. Daneben verblüfft vor allem Carrie-Anne Moss, die darstellerisch noch blasser wirkt als ihr Gesicht und Sean Bean, der schlichtweg ungenutzt bleibt.

Halten wir fest: Der zweite Teil ist schnell, hektisch und hart. Wer also nicht zu viel erwartet, schon gar keine allzu genaue Adaption des 3. Spiels, und ohnehin auf Fast-Pace-Schocker der Marke „Saw“ steht, kann seinen Spaß mit „Silent Hill: Revelation“ finden. Gerade, weil der Fan-Service anhand von Stoffhasen, Schlüsselkästen, einer Mannequin-Spinne oder dem Gefängnisbus aus „Silent Hill: Downpour“ wirklich sehr groß ist. Wer allerdings Fan des ersten Films ist und wert auf Atmosphäre und Eleganz legt, wird vermutlich enttäuscht werden. Ich hab eigentlich genau das erwartet, was ich bekommen habe: Ein Sequel, dass inhaltlich weder rund, noch mutig ist und auf den schnellen Effekt abzielt. Dass er stellenweise so richtig dumm ist, hat mich überrascht. Genau wie seine Härte. Beides hatte Unterhaltungswert, so dass ich nicht behaupten kann, mich gelangweilt zu haben. Ich würde aber auch nie behaupten, dass er besser als der Vorgänger ist. Oder ein guter Film. Oder in der Top Ten der gelungensten Games-Verfilmungen.

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