Kennt ihr das, wenn ihr scheinbar die Einzigen seid, die etwas gut finden, was der Rest der Menschheit offenbar abgrundtief verachtet? So geht es mir mit “Project X”. Auf Rottentomatoes.com hat der Partyfilm aus Egosicht eine desaströse Wertung von 26%. (Nebenbei: Wenn ihr die IMDB-Wertung wichtiger finden solltet: Ihr seid niedlich). Der Tenor der “professionellen” Filmkritiker ist relativ einhellig: “Project X” ist saudumm, moralisch verwerflich und kulturell nahezu wertlos.

Das stimmt. Außerdem ist “Project X” der lustigste Film, den ich in diesem Jahr gesehen habe.

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Alles, was ihr über “Project X” wissen müsst, steht zwei Absätze weiter oben: Partyfilm aus Egosicht. Nach Found-Footage-Streifen wie Waldhexe (“Blair Witch Project”), Megamonster (“Cloverfield”) und einem ganz schweren Dampfmann, der im Schlafzimmer rumturnt (“Paranormal Activity”), ist Produzent Todd Phillips auf eine so naheliegende wie brilliante Idee gekommen: Er lässt drei Teenies die epochalste Party des Jahrhunderts feiern – und zeigt uns das aus der “Mittendrin statt nur dabei”-Perspektive eines zufällig gefundenen Home Videos. Für schongeistige Feuilletonisten ist diese erzwungene Nähe zu einer asozialen Horde saufender, kiffender und vögelnder Halbwüchsiger vermutlich kaum zu ertragen. “Projekt X” ist nichts für Zeitgenossen, die den subtilen, feingliedrigen Humor eines Woody Allen goutieren. Solche Tweedjackenträger mit Hornbrille dürften beim Kinobesuch vermutlich den Schock ihres Lebens bekommen. “Projekt X” schaltet nach einer pflichtschuldigen Exposition von etwa 20 Minuten in den dritten Gang hoch – um gegen Ende im fünften zu landen. Und bis zum Schluss nicht mehr vom Gas zu gehen.

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So so, da eskaliert also eine Party, wie? Hatten wir das nicht schon mal? Bei so einem gewissen Film namens “Hangover”? Und wie es der “Zufall” (lies: clevere Hollywood-Entscheider) so will, wurde eben jener “Hangover” von Todd Phillips gemacht, der auch bei “Projekt X” als Produzent fungierte. Ein Mann vom Fach eben. Nur hat der gute Mr. Phillips diesmal offenbar das Okay bekommen, so richtig auf die Kacke zu hauen und nicht so bieder und züchtig zu sein wie noch bei “Hangover”. Heißt: Neben pumpender Discomusik, hektoliterweise Alkohol, selbstzerstörerischem Drogenkonsum und körperlicher Gewalt gegen spießige Nachbarn gibt es in diesem Film auch jede Menge nackter Haut zu sehen. Nackte, sonnengebräunte, pfirsichweiche Haut. Auf der “Projekt X”-Party dürfen nur nackte Mädchen in den Pool springen. Und alle halten sich an diese, wie ich finde: sehr nachvollziehbare und vernünftige Regel. Mädels: Keine Angst, SOO viele Brüste sind es nun auch wieder nicht. Jungs: Warum zur Hölle habt ihr noch keine Kinokarten bestellt?!?

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Mein Tipp: Geht in “Projekt X”, wenn ihr mal wieder einen wüsten, ordinären und politisch völlig unkorrekten Partyfilm sehen wollt. Trommelt eure Jungs zusammen (oder eure Mädels), besorgt euch viele, viele Erfrischungsgetränke (…) und erlebt eine Party, für die jeder von uns die eigene Mutter im Gartenteich ertränkt hätte, um dabeigewesen zu sein. Wer aus “Projekt X” kommt und kein brennendes Verlangen nach Party, nach Randale, nach fucking EXZESS hat, hat vermutlich gefrorene Hühnersuppe in den Adern.

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Mir ist übrigens klar, dass etwa zwei Drittel aller Leute, die meinem Rat folgen werden, mir daraufhin jeglichen Filmgeschmack absprechen, mich zum totalen Vollproleten mit Scheißgeschmack abstempeln und mich wüst beschimpfen werden, und zwar in orthografisch nicht unbedenklichen Mails, in denen sehr oft das Wort “lol” vorkommt. Wahrscheinlich ent-followen mir auch auf Twitter direkt ein paar Tausend Leute und gründen eine Facebook-Gruppe namens “Unverschämt gutes Aussehen macht noch keinen Filmexperten: Wolf, halt ab sofort die Fresse, du Arsch!!! (P.S.: Kannst du trotzdem Silent Hill 3 machen bitte?)” oder so. Ist mir aber egal. Meine anwesenden Mitgucker und ich haben streckenweise Tränen gelacht und sind mit einem breiten Grinsen (und dieser gewissen Bier-Geilheit) aus der Vorstellung gekommen. Unser Tenor war einhellig: Den könnten wir direkt nochmal gucken. Und das ist etwas, das ich nicht mal von “The Avengers” sagen kann.

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Ach ja, eines noch: Am besten kommt “Projekt X”, wenn man so wenig wie möglich darüber weiß. Deswegen habe ich mich auch zurückgehalten, was genaue Details zur “Story” (haha, darauf noch’n Drink!) angeht. Ich gebe euch den Rat, die zahlreichen Trailer zu vermeiden, die wie immer VIEL ZU VIEL vom Film zeigen. Tut euch den Gefallen und bewahrt euch die teilweise wirklich grenzgenialen Pointen und Situationsgags. Aber wer unbedingt Bewegtbild braucht … na gut, hier kriegt ihr von mir einen Trailer. Aber nur den EINEN, okay? Und wenn ihr irgendwie könnt: Bitte, BITTE, guckt ihn auf englisch. Gerade bei diesen pseudo-realistischen Found-Footage-Filmen macht der O-Ton einen großen Teil der Wirkung aus.

Ach ja, als kleines Schmankerl habe ich doch noch was für euch. Einen persönlichen Videogruß der Hauptdarstellerinnen an die coolen User von Game One. Die scheinen irgendwie geahnt zu haben, dass ihr die krassesten Partymacher seid.

Tja, mehr kann ich nicht sagen. Schaut ihn euch an und bildet euch euer eigenes Urteil. Falls es noch nicht rübergekommen sein sollte: Ich mochte den Film. Ich mochte das Zügellose, den Thrill des Tabubruchs, das “Dann verpisst euch halt, wenn es euch nicht gefällt!” Ich hatte sehr viel Spaß, weitaus mehr als mit jedem anderen in diesem Jahr. In diesem Film geht es um nichts. Und deswegen ist “Projekt X” vielleicht der ehrlichste und wahrste Partyfilm seit den 80ern und “Ich glaub’, mich tritt ein Pferd” (googelt ihn. Und dann guckt ihn). Ich glaube, dass viele Filmkritiker diesen Film so leidenschaftlich hassen, weil er seine quasi nicht vorhandene Moral so provakativ offen zur Schau stellt, wie es sich nicht mal “Hangover” getraut hat. Ja, die Hauptpersonen in diesem Film sind besoffene, sich selbst grenzenlos geil findene Jugendliche, die nichts mehr wollen als saufen und vögeln. Und genau dadurch sind sie den meisten von uns näher als die üblichen eloquenten, gutaussehenden Oberschichten-Juppies der ewigöden Hollywood-Wohlfühl-Kommödchen mit Kuschelgarantie am Ende. Gebt’s zu, Leute: Wenn ihr Party macht und so richtig einen im Tee habt, seid ihr nicht so großartig anders als die feierwütigen Wahnsinnigen in “Projekt X”. Über seinen und anderer Leute grenzenlosen Stumpfsinn können nicht alle lachen. Aber manche Filme sind eben nicht für alle gemacht.

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“Project X” läuft seit dem 3. Mai in den deutschen Kinos. Geht ihr rein? Bleibt ihr fern? Was meint ihr?