Unser Mitarbeiter Timo spricht über die Gamesbranche, das Sommerloch und das Weihnachtsgeschenk.

Die Gamesbranche verläuft jedes Jahr im gleichen Zyklus. Sie ähnelt da der Frau. Zwar blutet die Gamesbranche nicht monatlich, dafür lässt sie zum Jahresende die Konsumenten ordentlich ausbluten. Denn dann kommt die Zeit des alten Mannes mit dem großen Sack – es nähert sich Weihnachten. Das Fest der Liebe. Und der vielen Toptitel. Ein „Triple A“-Spiel reiht sich an das Nächste. Im Wochentakt möchte man zum Spieleladen seines Vertrauens rennen und sich vorweihnachtlich selbst beschenken. Um die enorme Dichte aufzuzeigen, einmal ein Auszug an Spielen, die bis Ende 2011 in den Handel kommen.

Den Anfang macht der September mit “Warhammer 40.000: Space Marine”, “Driver San Francisco”, “Gears of War 3” und den Fußballrivalen “FIFA 12” und “PES 2012”. Im Oktober stoßen “Batman: Arkham City”, “Rage”, “Forza 4” und “Battlefield 3” hinzu. Richtig zur Sache geht es, wenn im November “Call of Duty: Modern Warfare 3”, “Skyrim”, “Assassin’s Creed: Revelations”, “Saints Row: The Third” und “Uncharted 3” erscheinen. Die “Anno”-Reihe und deren kommender Titel, das in Deutschland produzierte “Anno 2070”, liegt ebenfalls des Öfteren unter dem Weihnachtsbaum. Da kann es einem wahrlich schwer fallen sich zu entscheiden, was man denn gerne an den Weihnachtstagen zocken möchte, um die angefressenen Kalorien zu verbrennen. Und wie wir als fleißige Leser der Frauen-Fitness-Zeitschrift “Oxygen” wissen, verbraucht man beim Zocken 100 Kalorien in 40 Minuten. Für denselben Kalorienverbrauch müsse man eine Stunde athletischen Sex haben. Was eher umzusetzen ist, sei an dieser Stelle mal dahin gestellt.

Die meisten der oben genannten Spiele werden wahrscheinlich großartig. Auch die Einspielergebnisse, werden dank boomender Gamesbranche voraussichtlich mehr als ordentlich sein. Fraglich ist jedoch, ob nicht das ein oder andere Spiel mit einem anderen Releasetermin noch mehr Einheiten absetzen könnte. “Call of Duty” und “Battlefield” beispielsweise, sprechen eine ähnliche Zielgruppe an. Beide Seiten haben eingefleischte Fans, die bei ihrer Serie bleiben, doch gibt es sicherlich auch einige Spieler, die sich mit beiden Spielen anfreunden könnten. Wenn sie denn genug Geld hätten, um beide Spiele zu kaufen. Oder – und das scheint ein noch viel wesentlicherer Grund zu sein: Genug Zeit, um beide Spiele wirklich zu spielen. Die Kampagnen sind kurz gehalten, was zeigt, dass der eigentliche Fokus auf dem Onlinemultiplayer liegt. Und der verschlingt Stunden. Viele Stunden. Stunden in denen man ein ausgesetztes Katzenbaby hätte großziehen können. Ob sich beide Spiele noch besser verkaufen würden, wenn sie nicht zeitgleich rauskämen, ist eine hypothetische Frage, die an dieser Stelle nicht endgültig zu klären ist.

Eine Parallele kann man zur Filmbranche ziehen und daraus einige Erkenntnisse gewinnen. Dort gibt es kein “Sommerloch”, das dann im Weihnachtsgeschäft mündet. Es gibt die “Sommer-Blockbuster” und die zu vernachlässigende “Fall-Season”, die Zeit von September bis November. Kommen also in den Monaten Juni, Juli, August nur sehr wenige große Videospiele, kann der Gamer immer noch ins Kino gehen und sich die neuen, dicken „Hollywood-Streifen“ angucken.

Zu den Superhelden “Thor”, “X-Men”, “Green Lantern” und “Captain America”, gesellen sich die Sequels “Fluch der Karibik 4”, “Kung Fu Panda 2”, “Hangover 2”, “Transformers 3” und der finale “Harry Potter”-Film. Außerdem noch “Planet der Affen: Prevolution”, das Prequel zu “Planet der Affen”, sowie der J.J. Abrams-Film “Super 8”. In der “Fall Season” kommen die zweifelhaften Blockbuster “Die drei Musketiere” und “Real Steel”, dazu “Happy Feet 2”, “Der gestiefelte Kater” und der erste „Breaking Dawn"-Film.

Die hohe Konzentration an Startterminen im Sommer hat nicht allen Filmen gut getan. Wenn man jetzt noch bedenkt, dass ein Kinobesuch, trotz lächerlich teurer 3D-Preise, bei “nur” ca. 15 Euro liegt, kann man dreimal ins Kino gehen und gibt dafür 45 Euro aus. Drei Videospiele im Weihnachtsgeschäft zu erwerben kostet demgegenüber mindestens 150 Euro. Außerdem verschlingt ein Sommerblockbuster höchstens 2,5 Stunden Lebenszeit. Ein Videospiel deutlich mehr. Die Schlussfolgerung hieraus muss doch sein, dass die Spiele-Welle, die da jedes Jahr auf die Konsumenten nieder bricht, preislich und zeitlich den Rahmen jedes Gamers sprengt.

Eine bessere Streuung der Spiele führt unter Umständen zu besseren Verkaufszahlen. Auf jeden Fall freuen sich aber die Konsumenten, die aus Geld-, und Zeitnot vorher nicht in der Lage waren all’ ihre Favoriten zu sehen.

Aktuell bleibt Gamern, anstatt im Schnee zu spielen oder Weihnachten mit der Familie zu verbringen, nichts anderes übrig als vor PC oder Konsole ihrem liebsten Hobby zu frönen. Wer jetzt sowohl Videospiele als auch Filme als eine seiner Leidenschaften bezeichnet, der verpasst sowohl den Sommer als auch den Winter. Auweia. Da freuen sich allenfalls die Hersteller von Übergangsjacken, auf keinen Fall aber Freibäder und Eissporthallen. Wobei man diesen Sommer ja gar nicht so viel Sonnenschein verpasst hat, aber das führt zu weit. So weit, wie der Weg des HSV zurück an die Tabellenspitze. Das schlechte Wetter wird man wohl kaum auf Ballerspiele und süchtig machende Online-Rollenspiele zurückführen können. Hoffe ich.

Anbei noch ein paar der Spiele, auf die wir uns noch in diesem Jahr freuen können.

Sommerloch vs. Weihnachtszeit: Spiele

Beschreibung: Sommerloch vs. Weihnachtszeit

Wie entflieht ihr dem Dilemma Weihnachtsgeschäft? Lasst ihr bestimmte Spiele liegen? Oder kauft ihr alles und spielt es dann nacheinander durch? Oder hat einer von euch die Sanduhr von Hermine Granger und kann die Zeit zurückdrehen?