Unser Praktikant Timo über Innovationsangst und Konsumentenverhalten:

Sowohl in der Gamesbranche als auch in Hollywood ist es Mode, bekannte Marken auf immer mehr Ebenen umzusetzen. Es ist nicht unüblich, dass als Grundvorlage ein Buch dient, das dann verfilmt wird und zu dem anschließend ein Videospiel produziert wird. Diese Vermarktungsstrategie scheint sich auszuzahlen, wie beispielsweise “Transformers 3” bewies. Oder um im Gamesuniversum zu bleiben, “Batman Arkham Asylum”, das sich gepusht durch die von Christopher Nolan inszinierte Trilogie, hervorragend verkaufte. Zugegeben “Batman Arkham Asylum” ist ein fantastisches Spiel, welches es nicht verdient in einem Atemzug mit Filmversoftungen wie “Avatar” oder dem zu zweielhaften Ruhm gelangten “E.T.” genannt zu werden, aber die Grundidee ist und bleibt die gleiche.

Man nehme die bekannte Marke X, schaffe Produkt Y, rühre ein wenig die Werbetrommel und kassiere das Geld der Konsumenten, die angetrieben durch ihr Fantum in jeden Film gehen und sich jedes Videospiel ihres geliebten Franchise zulegen. Durch diesen Prozess werden die bestehenden Marken immer größer und größer. Es hagelt Fortsetzungen, Spin-Offs, Reboots, Remakes und sonstige Neuinterpretationen alter Stoffe. Auf der Strecke bleibt die Innovation. Selten wagen sich die vermeintlich kreativen Games- oder Filmschaffenden etwas Neuartiges zu schaffen, in der Angst es floppt beim Publikum und der Geldsegen bleibt aus. Da schnappt man sich lieber wieder irgendwelche alten Kamellen, gibt ihnen eine neue Geschmacksrichtung und schmeißt sie unters Volk. Um auf das Beispiel “Transformers” zurückzukommen: Aus simplen Actionfiguren enstand ein Universum, das mittlerweile neben Comics und einer Zeichentrickserie auch eine Hollywood-Trilogie und mehrere Videospiele sein Eigen nennen darf. Angetrieben durch den kommerziellen Erfolg des ersten “Transformers”-Films, entstanden zwei weitere, dem ersten durchaus sehr ähnliche Filme, die im Prinzip überflüssig sind. Noch überflüssiger in meinen Augen aber sind die Videospiele, basierend auf dem Film, basierend auf den Actionfiguren.

Dieser Trend ist nicht neu und scheint auch in Kürze kein Ende zu finden. Jedes erfolgreiche Spiel, jeder erfolgreiche Film bekommt mindestens einen weiteren Teil, wenn nicht sogar gleich eine ganze Horde Nachfolger. Und hier übersteigt die Gamesbranche die Filmbranche sogar noch; Jährlich einen neuen Teil zu veröffentlichen, ist bei der “Call of Duty”-Serie seit Jahren üblich. Der Erfolg gibt den Verantwortlichen Recht – auch die meisten Kunden sind zufrieden. Sie bekommen bekannte Zutaten in leicht veränderter Form serviert. Das ist in etwa so, als ginge man beim hart ersparten, exotischen Urlaub auf den Galápagos-Inseln zu McDonald‘s. Man ist zufriedem mit dem was man kennt. In den Hintergrund tritt allerdings die Möglichkeit etwas Neues, eventuell viel besseres zu entdecken.

Auch dem an sich großartigen “Herr der Ringe” bleibt eine zunehmende Kommerzialisierung nicht erspart. Sicher war Herrn Tolkien nicht bewusst, dass nach seinen Büchern, neben den Filmen auch noch Videospiele, Actionfiguren und T-Shirts verkauft werden. Es ist sogar möglich den “Einen Ring” zu kaufen – seltsam, eigentlich müsste der doch nach der ersten Bestellung ausverkauft sein. Die Marke “Herr der Ringe” ist so groß und so erfolgreich, dass 2012 und 2013 gleich zwei weitere Filme das Licht der Welt erblicken. “Der Hobbit I” und “Der Hobbit II”. Innovation sieht anders aus.

Jeder freut sich auf einen neuen Bestandteil seiner Lieblingsmarke, doch der Punkt ist, dass jede Fortsetzung Geld und Zeit verschlingt, die genauso gut in neue Projekte gesteckt werden könnten. Oftmals ist den Geldgebern das Risiko zu groß und leider haben sie viel zu oft recht mit dieser Einschätzung. Titel wie “Mirror’s Edge” sind zwar großartige Spiele, werfen aber nicht den gleichen Gewinn ab, wie die Weiterführung eines Franchise. Folglich liegt die Ausschlachtung bestehender Marken nur zu einem kleinen Teil an den Geldgebern, die diese Entscheidungen fällen, als viel mehr an den Konsumenten, die sich Neuem gegenüber verweigern und lieber “Herr der Ringe Schlacht um Mittelerde VII” oder “FIFA 2087” kaufen.

Dieser Tatsache sollte man sich bewusst sein, wenn man das nächste mal vorm Spieleregal oder an der Kinokasse steht. Denn wie schon der große Philosoph Barney Stinson feststellte gilt: “New is always better”.



Chris denkt:

Wenn Timo schon so einen schönen Beitrag schreibt, dann will ich meinen Senf auch dazu geben. Ich selbst stehe total drauf, wenn (sinnvolle) Erweiterungen zu meinem Lieblingsuniversen erscheinen. Als Beispiel wäre da “Warcraft”, dessen Strategiespiele ich verschlungen habe, dessen Romane und Spielfiguren meine Liebe vertieften und dessen (hoffentlich irgendwann erscheinender) Film in meine DVD-Sammlung eingeht.

Ein weiteres Beispiel wäre die “Gears of War”-Serie. Ein Nachbau der Lancer hängt in meinem Arbeitszimmer, die Actionfiguren schmücken meinen TV-Schrank, demnächst wird das “Gears of War 3”-Case meine Xbox 360 verschönern und ich werde mich genüßlich auf das “Gears of War 3”-Schlachtfeld schmeißen. Einzig die Cornflakes fehlen mir. Aber dafür gibt es ja schon eine (nicht ernstgemeinte!) TV-Werbung:

Als Fan des besten Fußballvereins der Welt, des mächtigen Liverpool FC, freue ich mich natürlich doppelt und dreifach, wenn ich mein Trikot tragend aus meinem LFC-Glas trinkend, den LFC-Schal wedelnd das LFC-Monopoly-Spiel spiele. Ja, ich habe mir sogar das (eigentlich saumiese) “Liverpool FC Club Football 2005” gekauft, welches es auch in einer eigenen Version für andere Fußballvereine weltweit gab. Das Ganze gehört für mich einfach dazu.

Bei den oben angeführten Marken handelt es sich natürlich um Positivbeispiele. Es gibt allerdings auch die Negativbeispiele. Als bestes Beispiel sei hier der Abverkauf der Marken von Marvel genannt. Als großer Spider-Man-Fan tut es mir unfassbar weh, dass nur jede vierte Nutzung der Spider-Man-Marke auch qualitativ an meine Erwartungen ranreicht. Die Filme waren zwar nettes Popcornkino, konnten Fans des Charakters aber nicht überzeugen – zu viel wurde verändert, zu viel wurde weggelassen. Die Spiele sind, mit wenigen Ausnahmen, auch nur Mittelmaß. Die Comics sind mittlerweile nur noch ein Schatten ihrer selbst. Hoffentlich wird der Film-Reboot halbwegs gar.

Aber machen wir uns nichts vor: Selbst in den 80er- und 90er-Jahren war das nicht anders. Ich spielte mit “Turtles”-Actionfiguren, trug meine "Turtles-Jeans und lief mit meinen “Turtles”-Schuhen auf meinem “Turtles”-Teppich. Nebenbei kuschelte ich mich an meine “Turtles”-Stofftiere und verblödete vor den “Turtles”-Spielen auf dem “Game Boy”. Wollte ich es anders? Nein.

Fernab davon würde ich mir natürlich wünschen, dass solche Perlen wie “Mirror’s Edge” oder “Limbo” den kommerziellen und auch markenwertigen Erfolg feiern. Fernab davon schaffen es aber auch kleine Indiegames wie “Super Meat Boy” ihr Merchandise unter die Leute zu bekommen, denn von “Super Meat Boy” gibt es unter anderem auch Stofftiere.

Ein weiteres gutes und zudem sehr aktuelles Beispiel ist “Call of Duty: Modern Warfare 3”. Neben dem Spiel gibt es natürlich Shirts und allerlei Stoffzeug. Aber damit nicht genug. Neben den Klamotten gibt es ein eigenes Mega-Event mit der Call of Duty XP, eine eigene Version der Xbox 360 und einen Jeep. Ja, einen Jeep. Kein Miniaturfahrzeug. Einen verdammt echten Jeep.

Herrliche, feine Kommerzwelt!

Anbei einige Beispiele für Merchandisewahn. Vieles davon befindet sich in meinem Besitz. Ich Merchandiseschweinchen.

Beispiele zum Markenwahnsinn

Beschreibung: Beispiele zum Markenwahnsinn

Wie seht ihr das? Was ist mit euren Lieblingsmarken? Fehlt wirklich die Innovation in Spielen?