Seit 25 Jahren zieht das “Fantasy Filmfest” Kinobesucher mit besonderen cineastischen Vorlieben in die hiesigen Lichtspielhäuser. Frei nach dem Motto “Machen wir mal das Beste draus!”, hat unser Tim während der gamescom 2011 nicht Köln unsicher gemacht, sondern die “Game One”-Redaktion gehütet. Während sich so gut wie alle anderen also in den engen Messehallen rumquälen durften, ist er seinem zweitliebsten Hobby nachgegangen und lümmelte von Anfang bis Ende in den Hamburger Kinosälen herum.

Und was läge da dann noch näher, als mal ein paar Worte in den Blog zu hauen? Richtig, nichts! Also Augen aufgesperrt, hier kommt der erste Teil von Tims FFF-Highlights 2011!



Don’t be afraid of the Dark

Wo Guillermo del Toro drauf steht, da ist auch Guillermo del Toro drin. Jedenfalls erhofft man sich das vom Eröffnungsfilm des diesjährigen Fantasy Filmfests, auch wenn Herr del Toro in “Don‘t be afraid of the Dark” nicht im Regie-Stuhl Platz genommen hat, sondern nur als Produzent und Co-Writer auftritt.

Regieneuling Troy Nixey suggeriert schon im Titel, dass man es hier mit Dunkelheit zu tun bekommt, klingt soweit ja schon sehr vielversprechend! Meine größere Angst galt allerdings nicht der Dunkelheit, sondern einem anderen Umstand. Um es kurz zu machen: Ein Kind in einer Hauptrolle und dann auch noch in einem Gruselfilm! So hart das auch klingt, Filme, auf die das zutrifft, sind für mich schon oft zu einer Plage geworden. Nicht zuletzt dank Rotzgöre Nummer eins, Dakota Fanning. Die kommt in diesem Film zwar in keinster Weise vor, allerdings ist sie für mein Rotzgören-Trauma verantwortlich und damit Grund genug hier als Mahnmal erwähnt zu werden. Dakota, ich hoffe, du liest das hier und ziehst demütig den einzig sinnvollen Schluss für deine weitere Karriere!

Hier war mal ein Bild das leider nicht gebackupt wurde :(

Mit vielen bösen Vorahnungen wurde ich im Kinosessel dann doch von einem Prolog überrascht, der förmlich nach del Toro schreit: Ein düsteres Anwesen, eine große Detailverliebtheit und Blut.

Die Villa gehört einem Maler mit dem Namen Blackwood. In der etwas wüst wirkenden Bibliothek ist eine recht junge Haushälterin gerade damit beschäftigt, ein paar Bücher vom Staub zu befreien, als die Dienstglocke schellt. Unsicher und auch etwas ängstlich bahnt sich die junge Frau ihren Weg durch Räume, die nur durch die Blitze des nächtlichen Gewitters erhellt werden. Der Keller, in dem man nicht die eigene Hand vor Augen sehen kann, ist ihr Ziel. Als plötzlich die schemenhaft-kauzige Gestalt Blackwoods im Schein eines Blitzes erkennbar wird, ist es für die Haushälterin zu spät. Der alte Mann schlägt nicht nur ihr wortwörtlich die Zähne ein, sondern hat auch selbiges schon bei sich selbst vollzogen. Hastig klaubt er, vom flackernden Schein einer Kerze beleuchtet, die Beißerchen auf. Die Zähne sollen ein Lösegeld sein, denn Blackwoods Sohn wurde von Wesen im Heizofen entführt, die sich nur gegen menschliche Zähne besänftigen lassen.

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Dieser Versuch des Tausches endet aber für Blackwood nicht sonderlich erbaulich, stimmt den Zuschauer dafür aber wunderbar auf den eigentlichen Film ein. In der Gegenwart angekommen, stellt mich Regisseur Nixey direkt auf die Probe und das mit nichts geringerem als der Hauptdarstellerin. Sally heißt das von Bailee Madison gespielte Scheidungskind, das natürlich gegen seinen Willen zu seinem Vater ziehen muss. Guy Pearce schlüpft in die Rolle von Alex, Sallys Vater, einem Architekt, der sich mit seiner neuen Frau Kim (Katie Holmes) in dem schon aus dem Prolog bekannten Anwesen niedergelassen hat um es zu restaurieren. Im Haus angekommen, bedient sich Sally aller Klischees, die Kinder in Filmen so unsagbar unausstehlich machen. Natürlich mag sie ihre Stiefmutter nicht, natürlich ist sie altklug und natürlich hört sie nicht, auf das was ihr Vater ihr sagt.

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Der Umbruch lässt aber zum Glück nicht lange auf sich warten. Als Sally, im gerade zu Parkgroßem Garten der Villa, zielstrebig auf eine zugewucherte, versteckte Glaskuppel zusteuert, zeigt sich nicht nur, dass das Anwesen einen versteckten Kellerraum besitzt, sondern auch, dass Handwerker Harris etwas zu verbergen hat.

Natürlich kann dieser Keller, der sich als letzter Aufenthaltsort Blackwoods vor seinem Verschwinden entpuppt, nicht unberührt bleiben. Vor allem der Heizofen hat es Sally angetan, schließlich sagen die Stimmen im Ungewissen dahinter, dass sie mit ihr befreundet sein wollen. Ohne sich weiter daran zu stören, dass sie hier auf jemanden hört, den Sally noch nie gesehen hat, schraubt sie das Siegel der Ofenöffnung ab und öffnet somit ihre eigene kleine Büchse der Pandora.

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Nixey versucht erst gar nicht, del Toros Einfluss auf seinen Film zu verbergen und somit siedelt sich “Don’t be afraid of the Dark” irgendwo zwischen “Pans Labyrinth” und “Cronos” an. Sehr positiv vorzuheben ist die darstellerische Leistung von Bailee Madison, die als Sally zu überzeugen weiß. Nixey hat, nicht zuletzt dank der Hilfe von Altmeister Guillermo del Toro, mit „Don’t be afraid of the Dank“ ein gelungenes Debut erschaffen und bringt Katie Holmes endlich auf Augenhöhe mit ihrem Gatten Tom Cruise.

Termin: läuft schon




Cold Fish

Dass Filme aus dem asiatischen Raum schon immer ein Thema für das Fantasy Filmfest waren, steht außer Frage. Zuletzt warteten die “Fantasy Filmfest Nights” mit fernöstlichen Filmperlen wie dem südkoreanischen Meisterwerk „I saw the Devil“ und dem Samurai-Epos „13 Assassins“ von Ausnahmeregisseur Takashi Miike auf.

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Als zweiter und gleichzeitig letzter Film am Eröffnungsabend des Fantasy Filmfests gab sich nun „Cold Fish“ die Ehre. Verantwortlich für diesen Genre-Misch-Masch, dessen Grenzen irgendwo zwischen Drama und Thriller verschwimmen, zeigt sich Regisseur Shion Sono, der einigen schon durch „Suicide Circle“ ein Begriff sein sollte. Allerdings kommt „Cold Fish“ mit etwas weniger expliziter Gewalt als der Selbstmord-Zirkel, dafür aber sehr viel surrealer und atmosphärischer daher und zeigt, warum Shion Sono von Fans des eher avantgardistischen Kinos oft als neuer Takashi Miike gehandelt wird.

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Hauptfigur in Herrn Sonos neuem Streich ist der gebrochene Familienvater Nobuyuki Syamoto (Mitsuru Fukikoshi). Das lieblose Familienmahl aus der Mikrowelle kann problemlos als Metapher für das gesehen werden, was ihm seine junge und auch irgendwie viel zu hübsche Frau und seine rebellische Teenie-Tochter aus erster Ehe entgegen bringen.

In einer kleinen Küche hinter seiner Fischhandlung sitzen die drei zusammengequetscht in einer Kochnische. Niemand sagt ein Wort und auch die Blicke der Familie sind steif auf ihre Schüsseln gerichtet. Jeder Versuch Syamotos die Runde in ein Gespräch zu verwickeln wird genauso abgeblockt, wie die Komplimente, die er versucht zu verteilen. Auch als das Handy seiner Tochter klingelt und diese während des Telefonats aufsteht und das Essen wortlos verlässt, greift Syamoto nicht ein. Syamotos Leben ist klein, kalt und grau. Er ist in seiner eigenen kleinen Welt gefangen, die nicht viel größer ist als seine mit Aquarien zu gestopfte Fischhandlung. Obwohl hier wohl jeder zutiefst unglücklich ist, plätschert das Leben der Protagonisten unaufhörlich in den großen Fluss der Gleichgültigkeit und zeigt, dass Syamoto sich einfach treiben lässt, ohne auch nur ernsthaft den Willen zu zeigen, etwas ändern zu wollen. Dass seine Tochter beim Ladendiebstahl erwischt wird, erstaunt den Zuschauer nicht, allerdings kippt ab genau diesem Moment die gesamte Stimmung des Film – und das dank nur einer Person.

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Yukio Murata (Denden) ist ein Mann in den späten 40ern, fährt einen Ferrari und hat eine Fischhandlung, die stark an einen Erlebnispark erinnert. Alles an ihm schreit nach Aufmerksamkeit und somit bildet er das krasse Gegenteil zu Sayamotos Mauerblümchenmentalität. Aber nicht nur Muratas geradezu prollige Art lässt dem Publikum Schauer über den Rücken jagen, irgendwas stimmt an diesem Typen nicht. Auch wenn es zunächst nett wirkt, dass er die diebische Tochter unter seine Fittiche nimmt, um sie nach eigener Aussage „zurecht zu stutzen“, der Typ ist einem einfach nicht koscher. Die Atmosphäre wird immer unangenehmer, das Schauspiel surrealer, allerdings zieht es einen auch gleichzeitig so in seinen Bann, dass man nicht mehr loslassen kann.

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Ab diesem Punkt schickt Regisseur Sono den Zuschauer auf eine Reise, deren Absurdität einem erst ein paar Stunden nach dem eigentlich völlig übertriebenen Ende auffällt. Dank der meisterlichen Leistung von Denden, der die Rolle des Yokio Murata so überzeugend und vereinnahmend spielt, wird „Cold Fish“ zu einem Film, den man als Genre-Fan keines Falls missen sollte.

Termin: 07. Oktober 2011 (Direct 2 DVD)



Hesher

Dass Joseph Gordon-Levitt nicht nur gut ist, um die Rolle des netten Buben von nebenan zu besetzen, hat er ja schon „Brick“ und „Havoc“ unter Beweis gestellt. Auch die Namensgebende Figur „Hesher“ ist keinesfalls ein Sunny Boy, aber kommen wir zuerst zu der Person, die zumindest augenscheinlich den Hauptprotagonisten verkörpert.

Devin Brochu, der auch in Quentin “Mr. Oizo” Dupieuxs „Rubber“ schon als Jüngling in der Meute der Zuschauer zu sehen war, schlüpft nun in die Rolle von T.J. Forney. Nach dem Tod seiner Mutter lebt der mit seinem depressiven Vater, der äußerst überzeugend von Rainn Wilson gespielt wird, in dem runtergekommenen Bungalow seiner Großmutter, die die beiden aufgenommen hat.

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Als T.J., der in letzter Zeit scheinbar nicht nur einmal unsanft Freundschaft mit dem Asphalt geschlossen hat, mit seinem Fahrrad auf einer Baustelle über einen Stein fällt, platzt dem Hänfling der Kragen. Voller Wut landet die Ursache seines Abflugs, ein Stein, im nächstgelegenen Fenster und bringt damit die Ereignisse ins Rollen, die dem Film seine Richtung geben sollen. Das zu Bruch gegangene Fenster ist nämlich nicht irgendein Fenster, sondern gehört zu dem Rohbau, in dem Hesher hausiert.

Wenn man Gordon-Levitts Rolle zu beschreiben versucht, kommt man allemal zu dem Schluss, dass man ihn auf keinen Fall jemals der eigenen Großmutter vorstellen würde. Umso ironischer ist die Tatsache, dass Hesher ein paar Tage nach seinem ersten Aufeinandertreffen mit T.J. vor dessen Tür steht und sich einfach einnistet. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, entkleidet sich der Einsiedler bis auf die Unterhose und schmeißt den Rest in die Waschmaschiene um sich dann, wie selbstverständlich, mit einer Zigarette auf dem Sofa breit zu machen.

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Als sei dieser Umstand nicht schon grotesk genug, begegnet T.J.s Vater, der just in diesem Moment zur Tür hereinkommt, dem Eindringling mit simpler Gleichgültigkeit. Von der beschränkten TV-Senderwahl genervt, rafft sich Hesher auf, um am naheliegenden Sendemast ein wenig im Leitungskasten rumzustochern. Als er dann nach einem unfeinen Abgang wieder im Wohnzimmer ankommt, funktioniert immerhin der Erotikkanal. Alles das passiert im Zeichen der vollkommenen Selbstverständlichkeit und nur in Unterhose, aber das versteht sich ja von selbst! Der einzige, der sich berechtigter Weise am neuen Mitbewohner stört, scheint T.J. zu sein und zeigt damit nochmal ganz klar auf, wie weltfremd doch alle andern Protagonisten auftreten.

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Nathalie Portman tritt in Hesher nicht nur als Produzentin in den Credits auf. In der Rolle der Nicole spielt sie gewohnt souverän. Ihre Rolle wirkt jedoch etwas plump in die Geschichte eingesponnen und eher als fadenscheiniger Störfaktor für die T.J.-Vater-Großmutter-Hesher-Konstellation. Wem es nicht reicht, durch Frau Portman lediglich einen kleinen Augenschmaus serviert zu bekommen, der wird hier enttäuscht werden.

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Alles in allem kann man sagen, dass Spencer Susser bewiesen hat, dass seine Fähigkeiten als Regisseur über Tour-Dokus von alternden Punk-Bands hinaus gehen. In Hesher trifft man eine Gruppe von gescheiterten Persönlichkeiten an, die es schaffen mal mehr, mal weniger über sich hinaus zu wachsen, dabei aber vor allem eines bleiben, menschlich. Auch wenn visuell der liebe T.J. im Vordergrund steht, der wahre Held, wenn man das so überhaupt sagen kann, ist wie der Filmtitel schon vermuten lässt, Hesher.
Alles das zusammen ist es, was den Film sowohl sehenswert als auch zu einer kleinen Empfehlung macht.

Termin: Unbekannt