Wir haben Shigeru Miyamoto in London getroffen. Ja, den bekanntesten Nintendo-Mitarbeiter überhaupt. Statt euch mit einem rezitierten Wikipedia-Eintrag über die (Erfolgs-)Geschichte des 58 Jahre alten Kreativriesens zu langweilen, gehen wir einfach mal davon aus, dass nahezu alle von euch schon mit seinen Werken in Berührung gekommen sind. Ohne Miyamoto gäbe es keinen “Super Mario”, keinen “Link”, keinen “Star Fox” und keine “Pikmin”. Und damit ist auch schon genug über seinen Stellenwert für Videospiele im Allgemeinen und Nintendo im Besonderen gesagt. Das große Gesprächsthema bei unserem Treffen mit Herrn Miyamoto war der 3DS.

Die 3DS-Hardware
Game One:
Als Nintendo 2010 den 3DS ankündigte, war das eine ziemliche Überraschung. Warum ein Handheld mit 3D-Bildschirm?

Shigeru Miyamoto:
Wir fanden 3D schon länger interessant, wollten aber unbedingt eine 3D-Darstellung ohne Brille – und das wurde schließlich möglich. 3D-Spiele gab es ja bereits, warum sollten die dann nicht auch in 3D dargestellt werden? Außerdem bringt das Ganze weitere Möglichkeiten mit sich: Dank mehrerer Kameras können Fotos nicht nur in 3D geschossen, sondern auch gleich in 3D betrachtet werden.

Game One:
Wäre es dann nicht prima, die Kameras auch mal umfassend in einem Triple-A-Spiel einzusetzen?

Shigeru Miyamoto:
Spiele wie “Nintendogs” machen das bereits: Wenn du dein Gesicht in die Kamera hältst, kommt dein Hund angelaufen. Außerdem unterstützen wir Entwickler mit den technischen Werkzeugen, wenn sie QR-Codes oder “Augmented Reality”-Features in ihre Titel einbauen wollen.
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3DS-Spiele und Remakes
Game One:
Im Sommer ging mit dem N64-Remake „The Legend of Zelda: Ocarina of Time 3D“ einer der bisher wichtigsten 3DS-Titel an den Start. Aber wie würden Sie jemanden davon überzeugen, sich das Spiel noch mal zu holen und zu spielen, wenn er das Original schon kennt?

Shigeru Miyamoto:
Hyrule saugt einen in 3D viel tiefer ein. Außerdem sieht es schöner aus und lässt sich flüssiger erkunden: Das Original lief nur mit 20 Bildern pro Sekunde, auf dem 3DS sind es 30. Davon profitiert auch das Gameplay. Durch den Touchscreen fällt die Steuerung deutlich leichter, so lassen sich zum Beispiel Items viel schneller wechseln. Nach dem Durchspielen wartet dann noch die „Master Quest“-Variante, in der man einen gespiegelten und leicht veränderten „Remix“ des Abenteuers erleben kann. In der Gesamtheit ist es so auch für Kenner des Originals eine ziemlich frische Erfahrung.

Game One:
Warum gab’s das Remake denn nicht schon für den normalen DS? Bei „Super Mario 64“ ging das doch auch.

Shigeru Miyamoto:
Die 3DS-Hardware ist dann doch etwas besser für dieses Remake geeignet, zum Beispiel für manche Shader, die wir benutzt haben.

Game One:
Link ist seit jeher kein richtiger Charakter, sondern eher ein „Gefäß“ für den Spieler: Er spricht nicht, sein Name lässt sich verändern. Ist es vorstellbar, dass klassische Nintendo-Figuren zugunsten selbst gebastelter Miis verschwinden?

Shigeru Miyamoto:
Es wird eine Mischung aus beiden Ansätzen geben. Mario beispielsweise ist eine sehr starke Figur, aber die Zahl der Spiele, die auf Miis setzen, wird wachsen.

Game One:
Was werden wir denn künftig an weiteren N64-Remakes auf dem 3DS sehen?

Shigeru Miyamoto:
Nun, „Star Fox 64“ ist fast fertig und erscheint im September. Es wird den Bewegungssensor unterstützen, was sich ziemlich cool anfühlt.

Game One:
Wir wollen „Wave Race“!

Shigeru Miyamoto:
Haha! Nun, zumindest hat gerade bei „Steel Diver“ einer der Programmierer (Anmerkung der Redaktion: Giles Goddard) von „Wave Race“ mitgearbeitet! … Ach nein, er war bei „1080° Snowboarding“ dabei.

Game One:
Apropos „Steel Diver“. Wie kommt man auf die Idee, ein Handheld-Spiel rund um das Thema U-Boote zu entwickeln?

Shigeru Miyamoto:
Das Thema hat uns schon lange gereizt. Wir wollten das Ganze dann in einem etwas anderen Actionspiel umsetzen, wo es nicht primär auf gute Reflexe ankommt. Vielmehr soll die richtige Planung über den Erfolg entscheiden. Ursprünglich hatten wir „Steel Diver“ für die „normalen“ DS-Modelle angedacht, aber den 3D-Effekt fanden wir für das Spiel dann sehr passend, da die „Tiefe“ der Unterwasser-Welt so besser sichtbar ist.
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Connectivity und Online-Features
Game One:
Street Pass macht den Datenaustauch zwischen 3DS-Besitzern einfach – eine Überraschung, nachdem Nintendo da in der Vergangenheit eher restriktiv war. Wie kommt’s?

Shigeru Miyamoto:
Schon im ersten „Nintendogs“ konnten Spieler Daten austauschen, es war aber noch nicht so einfach. Also dachten wir uns, dass es ziemlich cool wäre, wenn das Ganze automatisch für den Spieler erledigt würde. Dann war es nicht mehr weit bis zum Konzept von „Street Pass“, das einen Datenaustausch von zugeklappten Geräten im Standby-Modus ermöglicht.

Game One:
Wie schaut’s mit dem Datenaustausch zwischen 3DS und Wii (U) aus? Mii-Geschiebe klappt ja bereits, was kommt da noch?

Shigeru Miyamoto:
Zwischen GameCube und GBA gab es vor einigen Jahren in manchen Spielen schon die Möglichkeit, Heimkonsole und Handheld miteinander zu verbinden – ganz so erfolgreich war das Konzept aber nicht. Das heißt allerdings nicht, dass wir so was nicht mehr in Betracht ziehen: Wenn wir eine tolle Idee für derlei Verlinkungen haben, werden wir die auch verfolgen.

Game One:
Die Online-Distribution von Spielen wird immer wichtiger: Werden wir auch Nintendos große Titel wie ein neues „Super Mario“ künftig digital erwerben können?

Shigeru Miyamoto:
Es kann schon sein, dass wir neue Spiele in der Zukunft auch digital anbieten werden. Wir werden aber nie die Kunden ausschließen wollen, die keinen Online-Zugang haben, also werden wir auch weiterhin Retail-Varianten anbieten. Es hängt natürlich auch davon ab, über welche Art von Software wir sprechen: Etwas wie „Flipnote Studio“ (Anmerkung der Redaktion: Ein kostenloses DSiWare-„Malbuch“) ist perfekter Download-Content, den man immer gut auf seiner Konsole gebrauchen kann, ohne das entsprechende Modul im Gerät haben zu müssen.

Game One:
Was bevorzugen Sie: Das Retail-Spiel in der Box oder einen Download?

Shigeru Miyamoto:
Klare Sache, wenn ich mir etwas kaufe, dann soll das auch etwas Physisches sein. Ich möchte es in der Hand halten können.

Game One:
Letzte Frage: Was zocken Sie aktuell?

Shigeru Miyamoto:
Ich baue am 3DS Miis ohne Ende!

Game One:
Dann mal noch viel Spaß dabei und schönen Dank für das Interview.

Shigeru Miyamoto beim Interview

Miyamoto

Beschreibung:

Anbei noch eine Auswahl(!) an Spielen, an denen Miyamoto beteiligt war. Ihr dürft sogar dafür votieren, welche der Spiele euch besonders gut gefallen. Mal schauen, welche Serie die meisten Punkte einfährt.

Auswahl von Miyamoto-Spielen

Beschreibung: Auswahl von Miyamoto-Spielen