Senf ab: "Nenn' mir mal ein gutes Spiel"
Zeit für ein neues “Senf ab”. Voraussichtlich wird es nicht viel Text in diesen Blogpost schaffen, doch das ist ja nur sekundär – viel wichtiger ist die Grundfrage, die sich durch das Senf ab ergeben wird. Zumindest hoffe ich das. Wahrscheinlich wird sich der Sumpf an Buchstaben eher an Leute richten die ihr kennt, als an euch selbst. Quasi ein erklärender und dennoch hinterfragender Beitrag. Vermutlich wird es aber nur grober Unfug und folgt keiner Logik. Doch fangen wir einfach mal an.
Montag, 19:47 Uhr. Das iPhone vibriert. Neue Nachricht von meinem Kumpel Rambo*. “Hi Chris, nenn’ mir mal ein gutes Spiel für die Xbox 360. Stehe im Laden und muss mich innerhalb von fünf Minuten entscheiden, die machen gleich zu. Das Spiel ist nicht für mich sondern für meinen Cousin”.
Ich mag Rambo, deshalb will ich ihn gut beraten. Doch was ist das für eine Definition? “Ein gutes Spiel” und dann auch noch für den Cousin. Es gibt massig gute Spiele, doch welches ist das “gute Spiel” für Rambos Cousin? Welches Spiel wird er mir danach nicht um die Ohren hauen? Und vor allem: Wieso denken Menschen, dass Spiele sich so leicht kategorisieren lassen? Oder kategorisiert man nicht das Spiel sondern den Menschen?
Gehe ich in ein Autohaus und sage: “Nenn’ mir mal ein gutes Auto. Ich will ein Auto für den Bruder der Freundin meines Schwagers kaufen”? Nein, das tue ich nicht. Das gleiche gilt auch für andere Medien wie Film und Musik. All diese Dinge beziehen sich auf persönliche Erfahrungen, Empfindungen und Vorlieben. Meinem besten Freund würde ich “Modern Warfare 2” ohne Nachzudenken empfehlen, weil ich weiß, dass er auf geskriptete Action, Multiplayer und Popcornkino abfährt. Meine Mutter hingegen würde das Spiel nehmen und es zum Teufel wünschen. Während ich “Medal of Honor: Allied Assault” damals geliebt habe, hätte ich es meinem Ur-Opa aufgrund der Landung am Omaha Beach nicht gezeigt – eben weil er persönliche Erfahrungen mit Kriegssituationen hatte.
Rambo selbst hat nicht viel mit Spielen am Hut, ab und an eine Runde “Mario Kart”, mal ein wenig “Counter-Strike” und einmal im Jahr gibt drei Tage Urlaub in denen “FIFA” gesuchtet wird. Zudem besitzt er (also mein Kumpel) keine Xbox 360 sondern eine Playstation 3, was seinen Horizont an der Microsoft-Konsole zusätzlich einschränkt. Also war sein Gedanke: “Rufe ich Chris an, damit er mir Spiele empfehlen kann”. Doch wie empfehle ich ein Spiel ohne den Beschenkten zu kennen? Ein Anruf konnte helfen:
Im Gedächtnis verlief unser Gespräch so:
Rambo: “Hi Chris, du kennst meine missliche Lage?”
Ich: “Ja. Aber ich brauche mehr Infos.”
Rambo: “Wieso das?”
Ich: “… (Pause) … (tiefes Atmen) … Also, wie alt ist er?”
Rambo: “15”
Ich: “Gut, damit fallen 50% der Spiele weg. Welches Genre spielt er denn?”
Rambo: “Naja, Actionspiele.”
Ich: “Und er ist 15?”
Rambo: “Ja. Also er wird 16, dafür ist ja das Spiel.”
Ich: “Gut, dann darf er also generell viele Action-Spiele nicht spielen”
Rambo: “Hmm…”
Ich: “Mag er Sportspiele? Wenn ja: Basketball, Fußball, Tischtennis?”
Rambo: “Keine Ahnung!”
Ich: “Wie soll ich dir Spiele empfehlen, wenn selbst du seinen Geschmack nicht kennst?”
Rambo: “Ich brauch doch nur ein doofes Spiel.”
Ich: “Suchst du jetzt ein ‘gutes’ oder ein ‘doofes’ Spiel?”
Rambo: “Du weißt was ich meine.”
Ich: “Okay, mag er Rollenspiele?”
Rambo: “Ja. Das spielt er ab und zu.”
Ich: “Fantasy? Sci-Fi?”
Rambo: “Keine Ahnung?”
Ich: “Mass Effect. Hat er Mass Effect gespielt? Wenn ja, kauf Teil 2!”
Rambo: “Okay!”
Ich: “Nein, warte. Wenn er Teil 1 nicht gespielt hat, ist es auch doof.”
Rambo: “Okay, dann nicht.”
Ich: “Suchst du einen Geheimtipp?”
Rambo: “Ja, schon.”
Ich: “Wie wäre ein Puzzlespiel?”
Rambo: “Ich will ein Videospiel, keine Puzzlespiele!”
Ich: “Ernsthaft. Du willst mich veräppeln, oder?”
Rambo: “Puzzlespiel für die Konsole?”
Ich: “Ja. Kein Geheimtipp, aber nimm Portal 2.”
Rambo: “Okay.”
Ich: “Gut, freut mich.”
Rambo: “Warte, das hat er glaube ich auf dem PC.”
Ich: “Kauf ihm doch einfach einen Gutschein.”
Rambo: “Gute Idee. Tschüssi.”
Ich: “Jo, du mich auch.”
Liebe Nichtspieler, ihr seht: Es gibt unfassbar viele Spiele auf dem Markt und viele davon sind ganz, ganz großer Müll. Allerdings will ich den Text hier langsam beenden, da die Intention nun bekannt sein dürfte. Denn um das wirklich perfekte Spiel für einen anderen Menschen zu finden, bedarf es vieler Informationen. Es ist wie der Wein zum Abendessen, es muss zum Charakter passen. Es ist wie der Belag auf einer Pizza, nur in der richtigen Mischung entsteht ein Genuß. Steht der Spieler auf Fantasy- oder auf Sci-Fi-Universen? Rollenspieler? Actionspieler? Rollenspieler mit einer Portion Action? Sportspiele als Simulation oder eher arcadelastig? Wie alt ist die Person? Welche Erfahrungen hat er bisher gemacht? Gibt es Dinge, die ihn verstören? Eine gute Freundin von mir kann beispielsweise keine Spiele zocken in denen Spinnen vorkommen – so groß ist ihr Ekel.
Ich wünsche mir aber, sollte ich solche SMS demnächst wieder empfangen, eine genaue Angabe, welches Genre oder im Idealfall ein bis zwei Titel unter denen ich lediglich das besser geeignete auswählen muss. Der Rest bringt mich zum rumnerden und damit wollen wir doch gar nicht erst anfangen.
Nur um zu zeigen, wie viele unterschiedliche Spiele es gibt, habe ich eine kleine Galerie angelegt. Allesamt (wahrscheinlich) echt gute Spiele. Aber eben nicht für jeden:
Senf ab: Spieleempfehlungen
Wie gesagt: Das Ganze soll eher als Anstoß für eine Diskussion im Kommentarbereich dienen. Kennt ihr die Situation? Setzt euch das unter Druck ob der Möglichkeit, den falschen Tipp zu geben? Werdet ihr überhaupt gefragt?
*Name von mir geändert.