“Freie Bahn mit Marzipan!” oder auch “Zwei Mal Bier mit Erdbeerjoghurt!”. Jeder kennt die kultigen Sprüche aus den “Werner”-Filmen. Am Montag war es nach vielen Jahren wieder soweit. „Werner – Eiskalt“ feierte im Hamburger CinemaxX Weltpremiere. Und natürlich: Wir waren dabei. Doch was noch viel, viel interessanter ist als der Film, die Feier und die ganzen bekloppten Gäste, war das Interview mit Rötger “Brösel” Feldmann. Und das, was vorher passierte. Das ist meine Geschichte.

Vor einigen Wochen leitete mir der gute Wolf eine Einladung weiter: “Ich kann da nicht. Hast du nicht Bock?” – Normalerweise geht er zu den coolen Aktivitäten ja selbst hin, ohne einem davon zu erzählen. Deshalb war ich zurecht ein wenig skeptisch. Doch beim Überfliegen fiel mir auf, dass es sich um was ganz Geiles handelte: Ein Interview mit Brösel und eine Einladung zur Premierenfeier! Das wisst ihr zwar alles schon, aber ich brauchte eine Überleitung zum spannenden Teil. Es wird besser, keine Angst. Ich füllte die Anmeldung aus und knapp eine Woche vorm Event bekam ich die Bestätigung einer Berliner PR-Dame mit folgendem Hinweis: “Die weiteren Infos stehen dann in der finalen E-Mail.” Easy.

Am Abend vorher überlegte ich mir ein paar Fragen (“Danke” an alle Helfer) und wartete auf die besagten Informationen. Doch die kamen nicht. Ich checkte halbstündig meine E-Mails. Doch weder ein Anruf noch eine Mail erreichten mich. Scheiße. Dann war der große Tag da und irgendwann gegen Mittag sollte ich doch zum Interview. Ich malte mir in wenig schillernden Farben aus, wie ich das Interview verpassen und künftig nirgendwo mehr hingeschickt werden würde. Wie ein blutiger Amateur.

Dann dämmerte mir, dass ich selbst ja auch noch mal telefonisch nachfragen könnte. Natürlich. Sie hatte mich ja vorher angerufen, also hatte ich noch die Nummer. Nervös wählte ich sie. Mailbox. Und noch mal. Und noch mal. Nichts. Ganz wie Sherlock Holmes ergoogelte ich mir eine weitere Telefonnummer. Doch auch das Haupttelefon der PR-Firma schien leider nicht mit Menschen besetzt. Verdammt.

Zum Glück wusste ich, dass die Premierenfeier im CinemaxX war. Die müssen ja Bescheid wissen! “Ich will keine Tickets reservieren. SCHEISSE.” Mein Brüllen prallte gegen eine unerschütterliche Bandstimme. “Leider konnten wir sie nicht verstehen. Sprechen sie noch mal deutlich nach dem Piepton”. Alles schien verloren.

Pass auf, alter Mann! Du kannst es noch immer schaffen. Jetzt ist es 12. Ich glaube, sie hat damals am Telefon etwas von 12.30 gesagt. Du schnapst dir jetzt den Firmenwagen und fährst auf gut Glück zum Kino. Das wird schon. Ist auch nicht schlimmer als Requisiten kaufen. Der Verkehr meint es nicht gut mit mir. Viertel nach 12: Die Dammtorstraße ist gesperrt. Klar. Ich fahr da jetzt trotzdem rein! Lieferverkehr frei. Und ich hab doch abzuliefern! Zum Glück gibt’s den Casinoparkplatz. Nur vier Euro pro Stunde. Kunden zahlen nur Einsfuffzich. Klasse, weiß ich ja, was ich nach dem Interview mache! Das Parkhaus hochgesprintet, an den Leuten vorbei, die gerade den roten Teppich ausrollen. Etwas zu spät. Aber was ein Glück: Fünf Leute stehen vor “Werner”-Plakaten und scheinen dort auf etwas zu warten. Ich hab’s noch geschafft! Gunnar: 1, Das System: 0!

“S-seid ihr auch hier für…für das Interview?”

“Ja. Ich warte auch schon seit 11 Uhr. Die sagten, dass ich um 11 kommen soll.”

“Ach, habt ihr wohl auch keine Mail mehr bekommen, was?”

“Ne. Und der Mann am Tresen hat auch keine Ahnung. Die wissen hier alle von nichts.”

“Komisch”

Es vergehen lange Minuten des Schweigens. Dann klingelt mein Handy:

“Herr Krupp, wo bleiben Sie denn? Sie sind als nächster dran.”

“Ich bin schon da. Hab auch die anderen gefunden. Alles ist gut.”

“Ach, sie sind schon im Hotel?”

“Hotel? Welches Hotel denn? Ich bin im CinemaxX.”

“Nein, das stand doch alles in der Mail. Die Interviews sind im East-Hotel.”

“Aber… die Mail hab ich nicht bekommen. Scheiße. Ich weiß, wo das ist und komm schnell mit dem Auto. Hier sind auch noch andere, die nehm ich gleich mit.”

“Super. Alles klar. Dann bis gleich.”

Natürlich haben die anderen Wartenden das mitbekommen und freuen sich, dass ich sie mitnehmen werde. Einer ist allerdings mit dem Fahrrad da. Ich erklär ihm noch schnell den Weg, dann sind wir auch schon im Parkhaus. Vier Euro aus dem Fenster geworfen. Nicht mal im Casino war ich. Poker hätte ich gespielt und wäre reich geworden. Aber nun diese Hetze. Auto vollgepackt und ab geht’s: Ein Kampf gegen die Zeit. Auf dem Weg herrscht Schweigen. Kein peinliches Schweigen, eher angespanntes. Ich versuche, die Situation ein wenig aufzulockern:

“Du hattest deinen Termin um 11?”

“Ja, genau.”

“Weiß denn jemand, wie wir das Interview anschließend bekommen? Auf Band oder digital?”

“Was? Wie meinst du das jetzt?”

“Na, auf Band oder halt auf nem Stick oder so?!”

Fragende Gesichter um mich herum. Das ist doch jetzt nicht so krasse Fachsprache, dass man es nicht verstehen könnte. Die sind aber alle auch noch recht jung…

“Das wird doch gefilmt. Wir müssen das ja danach irgendwie mitnehmen.”

“Was? Gefilmt?”

Ganz plötzlich schwant mir Böses. Sehr Böses.

“Moment! Zu was für einem Interview wollt ihr denn? Doch schon zu Brösel, oder?”

“Was? Brösel? Wir haben ein Job-Interview beim CinemaxX.”

Ich halte mitten auf der Straße an. Was habe ich nur getan?

“Nicht euer Ernst, oder?”

Ich sitze in einem komplett gefüllten Auto mit Menschen, die ein Vorstellungsgespräch haben (beziehungsweise hatten) und ich habe sie quasi entführt!

„Nun, kann ja mal passieren. Ist halt echt dumm gelaufen. Lass uns einfach hier raus."

Das halte ich für eine gute Entscheidung. Ich bin selbst spät dran und so komme ich noch einigermaßen unbeschadet aus der Sache raus. Ich fahre zwei Meter vor, um nicht mehr mitten auf der Straße zu stehen und lasse die vier armen Typen aussteigen. Alles tut mir furchtbar leid. Und einer von ihnen ist ja mit dem Rad in Richtung Hotel gefahren! Oje!!! Ich sehe ihn auf der Strecke zum East Hotel leider nicht mehr wieder. Sieht schlecht aus mit dem Job für ihn.

Puh, was für eine Action das war! Kurz habe ich noch selbst überlegt, zum CinemaxX zu fahren und mich für den Job zu bewerben… Ich glaube, dass ich an diesem Tag große Karrieren zumindest angeknackst habe. Und bei einer Handvoll junger Menschen den Glauben an das Gute im Menschen zerstört habe.

Ganz unabhängig von dieser Geschichte habe ich es noch pünktlich zum Interview geschafft. Und das ist doch die Hauptsache. ;) Sonst gäbe es auch nicht das Video, welches ihr ein wenig weiter unten findet. Und ich wäre nicht zusammen mit unserem Ex-Prakti Jonas auf der Premierenfeier gewesen. Gut, den Film hätte ich ansonsten auch verpasst. Und darum ging es ja eigentlich.

Ein langer Kopfkino-Beitrag, ohne bisher eine Zeile über den “Werner”-Film verloren zu haben. Kunststück, was? Aber was ihr bisher gelesen habt, ist ja auch die bessere Geschichte, die mir am Montag passiert ist. Vielleicht kennt ja jemanden, der jemanden kennt, den ich am Montag das Vorstellungsgespräch versaut hab. Aber was nennen die das heute auch alle Job-Interview. Selbst Schuld.

Hier auf alle Fälle mal das Video vom Event mit dem Interview. Und weiter unten schreib ich dann noch etwa drei Zeilen über den Film. Nett, oder?

Hier war mal ein Video (wahrscheinlich ein Trailer) das nicht gebackupt wurde

So. Nun noch die versprochenen Zeilen über “Werner – Eiskalt”: Das Hauptproblem haben wir im Video ja bereits angesprochen. Es gibt keine wirklich gute Story und auch keine guten Schauspieler, die diese tragen könnten. Das braucht “Werner” normalerweise aber auch nicht. Wenn dann allerdings rund 50% der Laufzeit für Realszenen – die im Trailer komplett ausgespart werden – verballert werden, wird das Ganze zum Problem. Hier die vorhandenen “Story”-Fragmente: Brösel stirbt bei seinem Versuch, Flachköpper auf Korsika zu machen, und seine Jungs wollen seine Leiche zurückholen. Außerdem steht das Rennen gegen seinen ewigen Konkurrenten Holgi an, gegen den er endlich mit seinem RedPorscheKiller gewinnen möchte. Dann gibt es noch den Comicraffzahn (Richard Sammel aus “Inglourious Basterds”), der mit Brösels Tod fedde Knete machen möchte. Klingt alles banal und wild aneinandergereiht? Ist es auch.

Wenn dann doch mal eine Comicsequenz kommt, ist die noch fremdschämiger als früher, aber leider nicht mehr so witzig. Vielleicht bin ich aber auch einfach nur älter, weise und reifer geworden.

Brösel glaubt, dass manche Journalisten den Film schlecht machen, weil sie nicht erkennen, was wirklich zählt. Hier geht es nicht um schauspielerische Leistungen oder um eine gute Story. Hier kommen Freunde zusammen, die für sich selbst einen Film produzieren und wollen, dass er auch den Normalos gefällt, die nicht jeden Insider sofort raffen. So wirkt es auch. Funktioniert aber leider nicht richtig.

Vielleicht liegt es daran, dass ich aus dem Norden bin, aber ein paar Mal habe ich auch ganz gut gelacht. Und mehr schaffen viele andere “Komödien” ja auch nicht. Es könnte aber auch am Bölkstoff gelegen haben. Das will ich gar nicht abstreiten. Die beiden Jungs neben mir haben sich zum Teil gar nicht mehr eingekriegt. So soll es ja auch sein. Wenn ihr in dem richtigen Alter seid (!), trinkt ein paar Bier mit euren (männlichen) Freunden und geht angeheitert in den neuen “Werner”. Dann kann eigentlich nicht sooo viel schief gehen. Aber ganz nüchtern (haha) betrachtet, erwartet euch kein besonders guter Film. Was für eine Überraschung.