Die Kamera ist invertiert, die Maus lässt sich nicht für Linkshänder umstellen und es gibt keine Sprachausgabe. All das sind kleine Probleme, mit denen ein Großteil von uns sich beim Zocken rumschlagen muss. Was für uns oftmals ärgerlich ist, wäre für die folgenden Gamer eher Kleinkram.

Denn schwere Behinderungen bestimmen ihr Leben und damit auch ihre Spielleidenschaft. Die Jungs und Mädels sind schwerstbehindert, wollen aber auf ihre tägliche Videospiel-Dosis nicht verzichten – oftmals sogar deshalb, weil Video- und Computerspiele eines der wenigen modernen Medien sind, welche sie mit anderen Leuten gemeinsam erleben können.

Der Großteil der schwerstbehinderten Gamer ist auf für sie zugeschnittene Controller oder Bedienelemente angewiesen. Viele der selbstgebastelten Controller besitzen lediglich noch die Schaltflächen, bestehen sonst nur aus Kabel und Platten.

KitsuneYume aus den USA und seine Geschichte wurden gegen Ende 2008 im Netz bekannt, als mehrere Gamingseiten über ihn und seinen eigens für ihn konzipierten Playstation-3-Controller berichteten. KitsuneYume, mit bürgerlichem Namen Jason Rosenberg, leidet unter der Duchenne-Muskeldystrophie – das bedeutet vereinfacht ausgedrückt, dass er seine Muskeln nicht normal nutzen kann und auf stützende Elemente wie Rollstühle oder Betten angewiesen ist.

Jason selbst spielt auf seiner Playstation 3 mit einem System, das es ihm ermöglicht 20 der 25 möglichen Controllerfunktionen zu bedienen. Designer Mark Felling von GimpGear baute sein Steuerungssystem direkt nach Jasons Wünschen und Anforderungen. Dabei nutzt Jason unter anderem seine Füße und steuert einen kleinen Joystick mit der Zunge. Wie das Ganze in Bewegung aussieht, verrät ein Video welches Jason vor einiger Zeit auf youtube veröffentlichte. Zudem seht ihr, wie krass er trotz seiner Behinderung in “Mirror’s Edge” abgeht:



Ein weiterer Fall ereignete sich erst vor wenigen Wochen, als Gareth Garratt, bekannt als gareth170, im OverclockersUK-Forum einen Post veröffentlichte, der sich mit dem Fakt beschäftigt, dass es in “Dead Space 2” nicht möglich ist, die Maustastenbelegung frei zu konfiguriert.

Die Behinderung, die Gareth einschränkt nennt sich Infantile Zerebralparese – durch sie ist er darauf angewiesen Spiele mit seinem Kinn und seinem Mund zu steuern. Dadurch, dass er bei “Dead Space 2” keine Maustasten mit Vorwärtsschritten belegen kann, ist er nicht in der Lage den Titel zu genießen. Auf seinen Thread folgte eine große Petition, die mittlerweile rund 40.000 Unterzeichner gefunden hat. Es geht sogar soweit, dass Executive Producer Steve Papoutsis von Visceral Games gegenüber dem Onlinemagazin Joystiq berichtet, dass der kommende PC-Patch unter anderem diese Art der Konfiguration erlauben wird. Wie es aussieht wenn Gareth zockt, zeigt auch er im Youtube-Video:


Steve Spohn kann sich aufgrund seiner Muskelschwäche nicht bewegen und ist auf selbstgebastelte Controller angewiesen. Er selbst sagt, “dass Spiele oftmals der Ausweg aus der Einsamkeit sind und der Controller einen eben in diese Spiele bringt. Deshalb ist der Controller ein wirklich wichtiger Teil des Spielspaßes”. Das Team von Evil Controllers versucht ihm und anderen Menschen mit seiner Behinderung zu helfen und entwickelt derzeit ein System, bei dem die Button allesamt manuell eingestellt werden können und die Position der Button nicht festgelegt ist. Wie das System funktioniert zeigt Adam Coe von Evil Controllers:


Doch bereits zu Zeiten von “Call of Duty 4: Modern Warfare” gab es einen ganz besonderen Fall, bei dem die Entwickler auf die Community hörten und ein eigenes Controller-Layout für schwerstbehinderte Spieler eingebaut haben. Randy “N0M4D” Fitzgerald kann weder seine Hände noch seine Füße benutzen und ist darauf angewiesen, dass das Spiel auch auf Eingaben durch den Mund und sein Kinn reagiert. Mittlerweile ist die “N0M4D”-Steuerung ein fester Bestandteil der “Call of Duty”-Serie und Randy verdient Kohle als E-Sport-Profi. Auch von Randy gibt es ein Video, welches ihn beim Zocken zeigt:


Ich selbst habe viele Jahre, zuerst beim Zivildienst dann als Ehrenamtler, schwerstbehinderte Kinder betreut und kenne die Probleme der schwerstbehinderten Gamer recht gut. Eines der Kinder hieß Erik, war damals 13 Jahre alt, saß im Rollstuhl und konnte seine Hände nur minimal bewegen. Seine Bewegungen waren eher ruckartig und stellenweise recht unkoordiniert. Dennoch stand er total auf “Crash Bandicoot” und andere Geschicklichkeitsspiele. Immer wenn er im Spiel nicht weiterkam, speicherte er, legte den Controller zur Seite, wartete auf den nächsten Tag und drückte mir das Teil in die Hand. “Du musst mir helfen, Crash tut nicht das, was ich will”, war seine Standardansage, sobald ich den Raum betrat. Nachdem ich dann umgezogen bin, hatte ich noch E-Mail-Kontakt mit Erik und er erzählte mir, dass er sich an “Mirror’s Edge” versuchte, aber dann doch zurück zu langsameren Spielen musste, weil seine Pflegerin keine Gamerin sei.

Sogar im Netz ist das Spiel-du-mir-doch-bitte-diesen-Levelabschnitt-Prinzip angekommen. Mittlerweile gibt es Plattformen wie AbleGamers.com, die eine Plattform (primär für behinderte) Spieler aller Art eingerichtet haben. Dort im Forum werden oft Savegames getauscht, die schwer zugängliche Stellen bereits gespielt haben. Zudem gibt es Spieler, die auf Abruf Spielpassagen für behinderte Spieler spielen und ihnen danach erzählen, wie es an dieser Stelle weiter ging. Die Community hilft sich also selbst.

“New Super Mario Bros.” für Nintendo Wii geht einen etwas anderen Weg und zeigt dem Spieler auf Knopfdruck, wie ein Level beendet wird. Jederzeit kann der Spieler dabei auch das Zepter selbst in die Hand nehmen und ins Spiel einsteigen.

Eigentlich war für dieses spannende Thema ein von uns produziertes Video geplant. Allerdings will ich den Beitrag jetzt ersteinmal zur Diskussion stellen. Solltet ihr einen schwerstbehinderten Gamer kennen oder vielleicht sogar selbst zu dieser Gruppe Videospielverrückter gehören, dann meldet euch doch bitte bei chris(at)gameone.de.