Immer wieder erreichen uns Anfragen von Euch, wie man eigentlich Spieleredakteur wird und ob der Berufsalltag wirklich aus 20-stündigen “Halo 3”-Sessions und Pizzasammelbestellungen besteht. Meist werden diese Mails mit Fragen wie “Reicht mein Hauptschulabschluss?”, “Wie verändert sich die Branche aufgrund der sinkenden Printabsatzzahlen?”, “Wo kann ich mich bewerben?” oder “Kannst du Budi und Simon grüßen XD!” abgerundet.

Da wir neben all dem Klamauk auf der Webseite unseren Bildungsauftrag erfüllen wollen, fragten wir die Experten der Spielebranche, wie sie Spieleredakteur wurden. Um einen vernünftigen Überblick zu bekommen, befragten wir nicht (nur) uns selbst, sondern Chefredakteure, Freie Autoren, Praktikanten und ehemalige Redakteure verschiedenster Online- und Printmedien.

Klickt einfach auf das Foto eines Interviewpartners und Ihr seht die jeweiligen Antworten zum Thema “Wie wird man Spieleredakteur?”. Natürlich könnt Ihr auch Seite für Seite durchblättern, um den vollen Einblick zu erhalten. Lesebrillen auf, und ab die Post! Auf unserer Übersichtsseite gibt es alle Interviews.

Hier war mal ein Bild
Hier war mal ein Bild
Hier war mal ein Bild
Hier war mal ein Bild
Hier war mal ein Bild
Hier war mal ein Bild
Hier war mal ein Bild
Hier war mal ein Bild
Hier war mal ein Bild
Hier war mal ein Bild
Hier war mal ein Bild

Demnächst werden wir weitere Interviews veröffentlichen – dann kommen auch wir, Eure Freunde von MTV GameOne, dazu, Euch unsere Leidenswege in die Spielebranche zu erläutern. Solltet Ihr nach dem Lesen der Interviews noch immer das Verlangen haben Spieleredakteur zu werden, dann wünschen wir Euch selbstverständlich viel Erfolg.

Name:
Harald Fränkel (Twitter)

Derzeitige Position:
Freier Autor, unter anderem fürs International Games Magazine, GamersGlobal.de, PC Games Power Player, Gamestar, Gamepro, Areagames.de, Onlinewelten.de, Eurogamer.de.

Ehemalige Positionen in Spieleredaktionen:
Redakteur/stellvertretender Chefredakteur/leitender Redakteur bei PC Action.

Wie bist du in die Branche gekommen?
Ich bin nach dem Abi Anfang der Neunzigerjahre als freier Journalist und anschließend als Praktikant bei einer Tageszeitung eingestiegen, habe dort ein Volontariat absolviert und einige Jahre als Tageszeitungsredakteur mit den Schwerpunkten Lokales, Gerichtsberichterstattung und im Computer-Ressort gearbeitet. Anno 1997 folgte eine Initiativbewerbung bei PC Games – wo damals aber keine Stelle frei war. Man bot mir eine bei der PC Action an, die im selben Verlag erscheint, und ich habe zugesagt.

Welche Fähigkeiten sind in einer Spieleredaktion gefragt? Spieletalent vor Rechtschreibung? Highscore vor Fachwissen?
Praxisnah kann ich mich nur über die schreibende Zunft äußern: Gute Spieler gibt es wie Sand am Meer, gute Texter sind Mangelware. Deshalb zählen aus meiner Sicht zunächst eine sehr gute und verständliche Schreibe, Kreativität, Fleiß und Sorgfalt. Natürlich sollte man möglichst viel gespielt haben im Leben. Breites Basiswissen schadet schließlich nie. Wie gut man spielt, halte ich aber für absolut zweitrangig. Ein Sportreporter muss ja auch nicht Rundenzeiten wie Michael Schumacher auf den Asphalt zaubern. Wenn jemand sein journalistisches Handwerk beherrscht oder im Falle eines werdenden Spielejournalisten zumindest über entsprechendes Talent verfügt, muss kein Pro-Gamer sein. Das halte ich sogar eher für hinderlich, weil es eventuell den Blick auf den Durchschnittsspieler verschleiert.

Denkst du, dass ein Studium den Einstieg in eine Spieleredaktion erleichtert? Ist es in deinen Augen eventuell sogar nötig?
Nötig ist es auf keinen Fall. Hilfreich eventuell: wenn man den klassischen Weg in den Journalismus wählt nämlich, über ein Volontariat bei einer “normalen” Zeitung oder Zeitschrift. Denn die wollen heutzutage fast ausschließlich Leute mit abgeschlossenem Studium. Zum Glück ist das in der Spielebranche nicht so. Hier ist es noch möglich, sich durch Talent zu empfehlen. Ein Studium kann sogar hinderlich sein: Unis neigen dazu, elitäres und verschrobenes Deutsch zu lehren. Das mag in wissenschaftlichen Arbeiten eine Daseinsberechtigung haben (auch wenn ich das nicht so sehe), im Journalismus ist es garantiert fehl am Platz.

Wie hat sich die Branche seit deinem Einstieg verändert?
Es gab massive Auflageneinbrüche bei den Printzeitschriften und starke Zuwächse im Online-Bereich. Außerdem ist die Branche gewachsen, aber auch zersplittert. Wir haben mit PC, Playstation 3, Xbox 360 und Wii, den Handhelds und Handys sehr viele unterschiedliche Plattformen und Zielgruppen. Die Zahl spielender Frauen ist gestiegen. Auch Browsergames gewinnen immer mehr an Bedeutung. Das Internet ist seinen Kinderschuhen entwachsen, und ohne all die sozialen Netzwerke scheint gar nichts mehr zu gehen. World of Warcraft ist weiteres Splitterphänomen – damit meine ich, dass diese Jungs und Mädels fast nichts anderes zocken und für den restlichen Markt verloren sind. Insgesamt sind Spiele in der Gesellschaft angekommen, diese Entwicklung wird aber noch weitergehen.

Was denkst du über Printmagazine und Online? Wie sieht die Zukunft der Spieleredaktion aus?
Online ist die Zukunft. Print wird aber nicht komplett sterben, sondern seine Nische finden. Ich arbeite für beide Medien gern. Online-Redaktionen werden in Zukunft vor allem schnell sein müssen. Außerdem schnell und schnell. Print muss in die Tiefe gehen, Hintergründe beleuchten.

Macht es dir noch Spaß Spiele zu spielen oder verkommt es zur Arbeit?
Es ist mal so, mal so. Ich kann aber aus voller Überzeugung sagen, dass ich keinen anderen Job machen möchte.

Dein wichtigster Tipp für Schüler, die gerne Spieleredakteur werden wollen?
Lest so viel und so früh wie möglich. Gute Romane, aber auch Fachbücher wie Deutsch für Profis (Wolf Schneider) oder Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod (Bastian Sick). Versucht euch frühzeitig als Autoren auf Spieleseiten. Bemüht euch vor allem um Praktika bei eurer Lokalzeitung und sucht euch dort einen erfahrenen Redakteur, der eure Anfängerwerke nach allen Regeln der Kunst zerlegt. So lernt man am besten.

Zurück zur Übersicht


Name:
Christian Bigge (Computer Bild Online)

Derzeitige Position:
Chefredakteur Computerbild Online

Ehemalige Position(en) in Spieleredaktionen:
Redakteur MCV, PC Games; Gründer und leitender Redakteur PC Action; Chefredakteur und Objektleiter PC Action; Chefredakteur, Gründer und Objektleiter buffed.de; stellvertretender Chefredakteur Computer Bild Spiele; Chefredakteur Computerbild Online

Wie bist du in die Branche gekommen?
Als ich begann, mich für Spiele zu interessieren, gab es gerade mal eine Handvoll Gestalten, die über derartige Absonderlichkeiten Berichte verfassten. Damals spielte man zunächst am Schneider CPC herum, staunte über die unglaublichen Fähigkeiten der hölzernen Atari-Konsole 2600 oder des Commodore 64 und zählte – viel später – zum Establishment als Besitzer eines Amiga 500 mit Zusatzfestplatte. Einen vorgezeichneten Berufsweg in die sich formierende “Spielebranche” gab es nicht, also blieb Zocken mein liebstes Hobby, während ich mich zeitgleich meinen zweitliebsten widmete – dem Schreiben. Mein Studium der Germanistik und Wirtschaftswissenschaften finanzierte ich als freier Autor und Pauschalist für die “Westfälische Rundschau”. Nebenbei jobbte ich bei einem Service-Provider für die aufkommende Handy-Sparte, schraubte in einem Software-Laden PCs zusammen oder buckelte im Frühjahr mit Schubkarre und Schaufel auf Tennisplatz-Neubauten herum. Gegen Ende meines Studiums winkten Dozentenstelle oder Zeitungs-Volontariat. Doch vor der Entscheidung waren fix drei Initiativbewerbungen an die damals auf Augenhöhe kämpfenden Magazin-Ikonen „Powerplay“, „PC Player“ und „PC Games“ geschrieben. Siehe da: PCG (Computec) antwortete prompt, Bewerbungsgespräch in Nürnberg mit Test und kredenzten Gummibärchen, ein Tag danach stand fest: Ein Umzug aus Westfalen nach Franken stand an. Wenigsten antesten musste man die Branche ja … 15 Jahre später bin ich ebendieser noch immer verbunden, mag sie kaum mehr missen und habe die damalige Entscheidung gaaaaaaanz selten nur bereut. :) PS: Die Jungs von PC Player hatten mich drei Tage nach der Unterschrift unter den Computec-Vertrag auch zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen. ;)

Welche Fähigkeiten sind in einer Spieleredaktion gefragt? Spieletalent vor Rechtschreibung? Highscore vor Fachwissen?
Schreibtalent und Spiele-Leidenschaft sind Grundvoraussetzung – ohne geht gar nichts. Darüber hinaus entscheiden die „Soft-Skills“ darüber, ob ein Neu-Einsteiger zu höheren Weihen taugt. Zu diesen Skills zählen besonders Teamfähig- und Lernwilligkeit, überdurchschnittlich belastbar und kommunikativ sollte ein Spiele-Schreiberling sein, Allgemeinbildung nachweisen, gutes Englisch beherrschen.

Denkst du, dass ein Studium den Einstieg in eine Spieleredaktion erleichtert? Ist es in deinen Augen eventuell sogar nötig?
Absolut notwendig ist ein Studium nicht, bei der hohen Zahl an qualifizierten Interessenten ist die Chance für Bewerber ohne Studium allerdings gering. Ohne „anständige“ Ausbildung bleibt heutzutage die Tür zum Personalbüro in der Regel verschlossen.

Wie hat sich die Branche seit deinem Einstieg verändert?
Die Frage müsste lauten: Was hat sich nicht verändert? Die Spieleindustrie lavierte immer am Puls der Zeit herum. Im Halbjahresrhythmus ging und geht es um neue Technologien, mehr Details, Tiefe, Schärfe, Sound, Plattformen … manchmal sogar um Inhalte. Wahnwitzigkeiten, Produktserien, Firmen kamen, sahen, räumten ab und verschwanden wieder. Für uns Redakteure war/ist das oft ziemlich cool, immer interessant, häufig stressig. Durch Verdrängungswettbewerb, steigende Produktionskosten und Wirtschaftskrise sind die Zeiten in der Spieleindustrie inzwischen härter. Der leicht spleenige Haufen charmant-irrer Akteure hat innerhalb von 20 Jahren zu mehr Professionalität gefunden. ;)

Was denkst du über Printmagazine und Online? Wie sieht die Zukunft der Spieleredaktion aus?
Die Zockerwelt ist stark segmentiert, nicht nur durch die Plattformen oder durch archaische Genre-Begrifflichkeiten. Inzwischen gibt es Turnierspieler, Online-Profi-Zocker, Gelegenheits-Daddler, mobile Athleten, Party-Vorturner, Hardcore-Liebhaber, Digi-Bauern und, und, und. Keine Spieleredaktion kann all diese Nuancen gleichwertig abdecken. Viele Zielgruppen lassen sich online perfekt bedienen, doch die gute alte Komplettlösung etwa ist schon komfortabler, wenn sie beim Zocken neben Konsole oder PC liegt. Den vierseitigen Hintergrundbericht mag ich online auch nicht lesen und habe nichts gegen kostenlose Spiele-Beigaben, wenn diese denn wertig sind. Gut gemachte Printmagazine haben also eine Chance, eine starke Marke im Hintergrund hilft. Das Wichtigste aber: Spieleredaktionen waren und sind Dienstleister für Zocker. Inzwischen schreiben viele Spielenutzer ihre Erfahrungen nieder, online jederzeit abrufbar für jedermann. Das ist prima und nützlich. Die Informationsflut zu filtern und zu kanalisieren, ohne dabei die Redaktionsmeinung zur allein seligmachenden zu erheben, ist eine neue, verantwortungsvolle Aufgabe für Spieleredaktionen.

Dein wichtigster Tipp für Schüler, die gerne als Spieleredakteur arbeiten wollen?
Ausbildung nicht vernachlässigen, nebenbei seriöse Redaktion(en) suchen und Praktika absolvieren. Erst während der täglichen Arbeit findet man heraus, ob dieser Job wirklich zu einem passt – und dass er eben doch mit Arbeit zu tun hat.

Suchst du derzeit Praktikanten, Volontäre oder Redakteure? Wenn ja, wie können sich unsere Leute bei dir bewerben?
Redakteure suchen wir augenblicklich nicht, gute Praktikanten bekommen gern eine Chance bei uns. Für den ernstgemeinten Erstkontakt reicht es, eine kurze Bewerbung mit Lebenslauf und einigen Arbeitsproben an onlinered(at)computerbild.de zu senden.

Zurück zur Übersicht


Name:
Jens Quentin (Gameswelt.de)

Derzeitige Position:
Stellvertretender Chefredakteur bei gameswelt.de

Ehemalige Positionen in Spieleredaktionen:
Redakteur PlayStation-Zone, Sega Magazin, Club Nintendo Magazin; Leitender Redakteur N-Zone, Xbox-Zone; Redakteur GamePro

Wie bist du in die Branche gekommen?
Wie viele andere auch als Quereinsteiger mit dem Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Platz gewesen zu sein. Mein damaliger Studienjob-Kollege in Göttingen, Gunnar (Lott), teilte uns eines Tages mit, dass er nach München geht, um dort als Redakteur bei einem neuen Spiele-Magazine namens GameStar zu arbeiten. Ich bin schon seit meinem 12. Lebensjahr ein Fan von Videospielen und hab mir gedacht, dass ich das auch mal versuchen könnte. Ich habe mich dann initiativ bei diversen Verlagen (damals gabs noch mehr Printverlage) beworben, und bei einem Verlag hat es dann ziemlich schnell geklappt. Also schnell noch Jura-Studium abgebrochen, Mietvertrag gekündigt, und los gings! An dieser Stelle also nochmal ein dickes Danke an Gunnar.

War Spieleredakteur schon von Kindesbeinen dein Traumberuf? Wenn nicht, was wärst du gerne geworden?
Als ich früher ASM, Happy Computer usw. gelesen habe, habe ich daran eigentlich noch nicht gedacht. Ich hatte die typische berufliche Laufbahn eingeschlagen, mit klassischer Kaufmann-Ausbildung und dem ganzen Krempel. Irgendwann ist mir dann aber aufgefallen, dass so ein Job irgendwie doch nicht die wahre Erfüllung sein würde, vor allem nicht das ganze Leben lang. Also habe ich mal angefangen, zu studieren: Jura. Auch nicht so richtig das Wahre. Zumindest nicht für mich. Man merkt vielleicht schon, ich war lange nicht wirklich entschieden, was ich beruflich machen möchte. Darum bin ich nun auch heilfroh, mit etwas legal Geld zu verdienen, das mir wirklich Spaß macht.

Welche Fähigkeiten sind in einer Spieleredaktion gefragt? Spieletalent vor Rechtschreibung? Highscore vor Fachwissen?
Das Wichtigste ist meiner Meinung nach das Grundwissen und die Basis als langjähriger Spieler. Ich kann Mitarbeiter immer noch zu Grammatik- oder Text-Fortbildungen schicken, es gibt aber keine Kurse “25 Jahre Spielegeschichte für Anfänger”. Gerade weil viele Wiederholungen bekannter und erfolgreicher Spielkonzepte auf den Markt kommen, sollte man das Original im Idealfall selbst gespielt haben und nicht nur von Wikipedia kennen. Das Talent, eigene Eindrücke in unterhaltsame Texte zu packen, ist natürlich auch nicht zu unterschätzen. Teamfähigkeit ist ein weiteres wichtiges Kriterium, schließlich wird viel über Spiele und die entsprechende Aufbereitung im Team diskutiert. Zumindest ist das bei uns in der Redaktion so.

Was hat sich seit deinem Einstieg in die Branche geändert?
Ich würde sagen, die Branche ist insgesamt professioneller geworden. Alle scheinen in der Zwischenzeit begriffen zu haben, dass es sich um einen nicht zu unterschätzenden Wirtschaftszweig handelt. Außerdem sind die Anforderungen an die Mitglieder einer Redaktion gestiegen, wie bei allen anderen Arbeitnehmern auch. Ich wurde 1999 als Quereinsteiger direkt als Redakteur eingestellt, sowas ist heute undenkbar. Wie in anderen Branchen auch muss man heute erstmal 632 unbezahlte Praktika machen, um dann mit Glück als Trainee oder Volontär auch mal etwas Geld verdienen zu können. Früher gab es eigentlich auch nur Print-Redaktionen, man lieferte den Text ab, machte ein paar Screenshots, fertig. Heute sind Texte plus Videobeiträge plus Vertonung plus Moderationen als Arbeitsgebiet eines Redakteurs selbstverständlich geworden.

Was denkst du über Printmagazine und Online? Wie sieht die Zukunft der Spieleredaktion aus?
Als reine Infomationsquelle für Spielebewertungen und Kritiken haben Printmagazine ihre Bedeutung verloren. Wenn ich heute eine Wertung wissen will, gebe ich den Spielnamen in die Suchfunktion von twitter ein und erhalte in Echtzeit die aktuellsten Tests. Printmagazine müssen sich meiner Meinung nach heutzutage über aufwendige Features, Specials, Reportagen etc. definieren und verkaufen. Dazu fehlt den Redaktionen aber häufig das geeignete Personal, denn ein 22-jähriger Quereinsteiger-Trainee kann keine “Spiegel”-Story schreiben. Das ist das Dilemma der Print-Redaktionen. Der Artikel-Anspruch und die Texter passen nicht mehr zusammen. Es reicht nicht mehr aus, das Magazin mit News, Previews, Reviews und Komplettlösungen zu füllen. News und Komplettlösungen sind bei Print-Magazinen inzwischen sowieso verschwendeter Platz. Dies erhalten Nutzer schneller und kostenlos im Internet. Außerdem wollen Leser in Zeiten von YouTube immer mehr Bewegt-Bilder sehen. Sie wollen Preview-Videos, Test-Videos. Dies kann man in einem Print-Magazin nur begrenzt und kostenintensiv über Datenträger realisieren. Hier haben Internet-Magazine weitere Vorteile. Wir können bei Gameswelt sehr viel mehr Bewegtbild-Beiträge produzieren, sei es Testvideos, Event-Reportagen, Studio-Diskussionen etc. – dem Bedürfnis der Nutzer haben wir mit dem Video-Magazin gameswelt.tv Rechnung getragen. Online-Medien können auch viel schneller auf geändertes Lese-/Nutzungsverhalten der Leser reagieren. Und wir könnten auch Tests, Previews und andere Beiträge sehr viel schneller präsentieren, wenn da diese doofen Embargos nicht wären …

Macht dir das Spielen noch Spaß oder verkommt es zur Arbeit?
Ich habe das große “Glück”, dass mein persönliches Nerd-Genre (American Football) in deutschen Spiele-Medien absolut keine Rolle spielen. So kann ich diese Spiele in Ruhe zu Hause genießen, ohne die ansonsten typische Überlegung, was ich dazu schreibe. Aber auch wenn ich den Test zu Alan Wake schreibe, kann ich das Spiel zu Hause noch genießen. Spielen macht mir also nach wie vor noch Spaß. Auch wenn man die ursprüngliche Faszination nicht mehr ganz so stark spürt wie zu Beginn vor 28 Jahren.

Suchst du derzeit Praktikanten oder Volontäre? Wenn ja, wie können sich unsere Leute bei dir bewerben?
Aktuell haben wir zwar keine konkreten Stellen anzubieten, dies kann sich in Zukunft aber wieder ändern. Initiativbewerbungen nehmen wir unter bewerbung(at)gameswelt.de gern entgegen!

Zurück zur Übersicht


Name:
Hans Ippisch (Computec Media AG)

Derzeitige Position:
Verlagsleiter

Ehemalige Position(en) in Spieleredaktionen:
Freier Redakteur, Leitender Redakteur, Chefredakteur, Redaktionsdirektor

Wie bist du in die Branche gekommen?
Ich habe mit dem Alter von 14 begonnen (das war 1984), auf dem VC 20 und C64 und Spiele zu entwickeln. Mit 16 habe ich meinen ersten Vertrag bei einem Spielepublisher (Rainbow Arts) unterschrieben und insgesamt 10 Spiele für den C64 veröffentlicht. Da kam ich dann mit der Vorgängerfirma von Computec in Kontakt, die ein Spielemagazin vorbereitete …

Wie hat sich die Branche seit deinem Einstieg entwickelt? Was hat sich geändert?
Damals konnten Spiele noch von ein oder zwei Personen entwickelt werden und es steckten nicht Millionen-Budgets dahinter – welche für gewaltigen Druck sorgen auf allen Seiten, Entwickler, Publisher, Vertrieb, Medien.

Welche Fähigkeiten sind in einer Spieleredaktion gefragt? Spieletalent vor Rechtschreibung? Highscore vor Fachwissen?
Man sollte sich mit Spielen auskennen und eine gute Schreibe haben – ohne eine gute Schreibe wird es nichts. Man muss nicht der beste Spieler der Welt sein.

Denkst du, dass ein Studium den Einstieg in eine Spieleredaktion erleichtert? Ist es in deinen Augen eventuell sogar nötig?
Eine profunde journalistische Ausbildung hilft sicherlich beim Einstieg – zwingend nötig ist ein Studium nicht.

Was denkst du über Printmagazine und Online? Wie sieht die Zukunft der Spieleredaktion aus?
Ehrlich gesagt denke ich nicht in Print- und Online-Kategorien, entscheidend ist für einen Verlag wie uns, dass wir interessante, spannende Inhalte haben, welche User begeistern. Online zählt die Aktualität, Print sind tiefgängige Artikel zu empfehlen.

Macht dir das Spielen noch Spaß oder verkommt es zur Arbeit?
Da ich keine Tests mehr schreibe spiele “nur noch” zum Spaß. Und zwar gerne. Zuletzt “Super Mario Galaxy 2” und “Red Dead Redemption”.

Dein wichtigster Tipp für Schüler, die gerne als Spieleredakteur arbeiten wollen?
Einfach mal für sich selber ein, zwei längere Probeartikel schreiben – wenn das Spaß macht und echte Freunde denken, dass die Artikel lesenswert sind, dann die Augen offen halten nach Volontariat oder Praktikum.

Zurück zur Übersicht


Name:
Ahmet Iscitürk (Private Webseite)

Derzeitige Position:
Freier Journalist. Hauptsächlich tätig für die Zeitschriften STUFF, Gamestar MMO und IGM. Dann noch für Webseiten wie SpeedyDragon.de und vieles mehr. Außerdem hab ich gerade ein iPad-Buch veröffentlicht und ein iPhone-Wälzer ist ebenfalls in der Mache. Mehr auf meiner Webseite.

Ehemalige Position in Spieleredaktionen:
Volontär, Redakteur bzw. Leitender Redakteur bei N-Zone, Playzone, Xbox-Zone, PC Action, PC Games und SFT. Chefredakteur bei Eurogamer.de. Objektleiter bei Cynamite.de, Games Aktuell, Games and more.

Wie bist du in die Branche gekommen?
Ich war früher im Musikbereich und der Gastronomie selbständig und habe rein als Hobby für eine englischsprachige Spiele-Site namens Dreamcast.net (RIP) Reviews verfasst. Das war so gegen 1998 und irgendwie interessierten mich damals in Sachen Spielepresse eher die US- & UK-Medien. Wahrscheinlich, weil man früher fast ausschließlich Importspiele gekauft/gezockt hat. PAL-Spiele galten generell als uncool, da sie oft nur mit 50hz liefen, geschnitten oder scheiße eingedeutscht waren. Jedenfalls war ich damals auch im Internet-Forum der Zeitschrift Maniac aktiv und dort kam ich mit Hans Ippisch in Kontakt, der als Redaktionsdirektor für alle Konsolenzeitschriften des Computec-Verlags verantwortlich war. Er bot mir einen Job beim Magazin N-Zone an und das war’s. Anekdote am Rande: Damals kannte ich Simon Krätschmer bereits gut. Er war noch bei der Zeitschrift FunGeneration und bewarb sich gerade bei GIGA. Ich fuhr sogar mit zum Casting – quasi als seelischer Beistand. Vor Ort forderte man mich plötzlich auf, ebenfalls am Casting teilzunehmen. Ich hab natürlich total versagt und bin heute noch froh, dass diese Testaufnahmen nie ans Tageslicht gelangten. Jedenfalls wurde Simon vom Fleck weg engagiert und hat seine gesamte Karriere im Endeffekt nur mir zu verdanken! Durch mein Versagen habe ich seinen Triumph quasi unterstrichen.

Welche Fähigkeiten sind in einer Spieleredaktion gefragt? Spieletalent vor Rechtschreibung? Highscore vor Fachwissen?
Am besten ist ein wenig von allem und meiner Meinung nach ist heute vor allem Vielseitigkeit wichtig. Wenn Du dich in allen Bereichen heimisch fühlst, dann hast du immer bessere Karten.

Denkst du, dass ein Studium den Einstieg in eine Spieleredaktion erleichtert? Ist es in deinen Augen eventuell sogar nötig?
Ich hab nur einen Quali/Hauptschulabschluss, allerdings wurde bei meinem Bewerbungsgespräch nie nach der Schulbildung gefragt. Das war damals mein großes Glück! ;-) Als Chefred oder Objektleiter hab ich bei Bewerbern auch nie die Zeugnisse studiert. Mir war die Qualität der Probe-Artikel wichtiger. Im Allgemeinen hast du aber mit Studium die besseren Karten, weil viele automatisch davon ausgehen, dass nur Akademiker zusammenhängende Sätze formulieren können.

Wie hat sich die Branche seit deinem Einstieg verändert?
Heutzutage sind die Anforderungen ganz anders. Früher musstest du nur Fachwissen vorweisen und einigermaßen schreiben können. Jetzt musst du vor allem leidensfähig und flexibel sein. Als ich anfing, hatte man als Redakteur so um die 15 Seiten im Monat zu machen und Überstunden wurden bezahlt. Du konntest dir also viel mehr Zeit für die Artikel nehmen. Irgendwann wurden die Überstunden gestrichen und man musste 30 bis 40 Seiten pro Monat schreiben. Dazu gesellten sich immer mehr Online-Artikel, Videos usw. Früher war der Spiele-Journalismus zwar auch schon Big Business, aber heute ist das bei den “größeren” Verlagen wirklich eine andere Nummer. Früher wollte man primär ein geiles Produkt machen und hoffte darauf, dass dieses Produkt auch Kohle in die Kassen spült. Heute steht bei manchen Verlagen die Qualität des Produktes nicht mehr an erster Stelle, sondern seine sofortige Monetarisierung. Es wird nicht versucht, Konsumenten für ein geiles Produkt zu begeistern, sondern man versucht denen das Geld (mit so wenig Aufwand wie möglich) aus der Tasche zu ziehen. Früher warst du als fest angestellter Redakteur hauptsächlich Gamer und Autor, doch heute bist Du Content-Manager, Verkäufer, Community Manager, Business Developer und Depp vom Dienst.

Was denkst du über Printmagazine und Online? Wie sieht die Zukunft der Spieleredaktion aus?
Ich glaube nicht, dass Spielezeitschriften generell tot sind. Ich glaube bedrucktes Papier wird immer seinen Platz in der Welt haben. Doch in ihrer heutigen Form wird es einige der Redaktionen da draußen wahrscheinlich nicht mehr lange geben. Sieht man ja auch an den sinkenden Auflagenzahlen, denen Verlage mit dem Rotstift begegnen. Die streichen den Heftumfang zusammen, verschlechtern das Papier, schrumpfen die Redaktionen und erhöhen den Preis, um trotzdem in der Gewinnzone zu bleiben. Das ist so, als würde VW unauffällig den Golf verschlechtern und gleichzeitig den Preis anheben, um mehr Gewinn zu machen. Das kann nur kurzfristig funktionieren. Vielleicht ist der Untergang vieler Spielemagazine ja eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Die Redaktion der Zukunft ist eine Gruppe von Kreativen, die dank Home-Office und der Power des Internets nicht an einen Ort gebunden ist. Die Redaktion der Zukunft ist überlebensfähig, weil sie nicht die Qualität ihrer Produkte minimiert, sondern stattdessen die Verwaltungskosten (Miete, Anzugträger, Berater etc). Online-Mags werden wahrscheinlich immer weniger Text und immer mehr Videos anbieten. Was auf lange Sicht bedeutet, dass ich meine Video-Editing- und Sprecher-Skills deutlich verbessern muss, um weiter Geld zu verdienen. ;-)

Macht dir das Spielen noch Spaß oder verkommt es zur Arbeit?
Seit ich Freiberufler bin, macht mir das Spielen wieder Spaß. Es gab eine Zeit, da hab ich jedes Spiel gleich nach dem Einschalten im Geiste seziert. Framerate ok? Texturen zu matschig? Pro und Contra-Liste? Wie viel Prozent hat die Steuerung verdient? Da ich als Freiberufler nicht mehr ganz so viel im Games-Bereich unterwegs bin, kann ich viel unverkrampfter rangehen. Heute zählt für mich nur der Spaßfaktor.

Welches war das verrückteste Presseevent, auf dem du jemals warst? Was ist passiert?
Es gab einige sehr verrückte Sachen, die ich aber nicht erzählen kann, weil ich an meinem Leben hänge. Abgefahren war auf jeden Fall das “Turok”-Event, wo wir in ein Tonstudio gepfercht wurden. Wir sollten einigen der Multiplayer-Charaktere unsere Stimmen leihen. Ich grunzte und brüllte also ins Mikrofon und dachte mir: “Es gibt sicherlich unangenehmere Arten, einen Arbeitstag zu verbringen.” Nebenbei erklärte “Turok”-Papa Dave Dienstbier, wie sie mit Schrotflinten auf Tierkadaver schossen, um realistischere Baller-Sounds zu erhalten. Cool war auch, als Peter Molyneux 2001 im Computec-Verlagsgebäude sein neues Spiel “Black & White” präsentierte. Der stand einfach mit einem PC im Aufenthaltsraum herum und war von einer Menschentraube umgeben. Ein Kollege verkokelte ihm versehentlich mit der Zigarette die Hose, was zum Glück niemand bemerkte. Wahrscheinlich dachte sich Molynex bei der Heimreise nur “Welches Arschloch hat meine Hose zerstört?!”

Dein wichtigster Tipp für Schüler, die gerne als Spieleredakteur arbeiten wollen?
Alle Redaktionen sind auf Praktikanten angewiesen. Ich würde mich mit ein paar guten Probetexten, Podcasts oder Videobeiträgen um ein Praktikum bewerben. Wenn ihr einigermaßen fähig seid, wird man euch mit offenen Armen aufnehmen. Als Praktikant seht ihr auch gleich, ob der Job bzw. die jeweilige Redaktion was für euch ist. Wer im Praktikum positiv auffällt, hat viel höhere Chancen auf ein Volontariat. Warum sollte der Chefredakteur jemanden in freier Wildbahn suchen, wenn er einen willigen Top-Praktikanten an der Hand hat?

Zurück zur Übersicht


Name:
Fabian Mario Döhla (Sega.de)

Derzeitige Position:
Senior PR Manager SEGA of America

Ehemalige Position(en) in Spieleredaktionen:
Freier Autor Play PlayStation, Fun Generation. Stellvertretender Chefredakteur Fun Generation. Redakteur ‘Das Offizielle PlayStation Magazin’. Leitender Redakteur PSM2

Wie bist du in die Branche gekommen?
Ich hab solange bei Redakteuren angerufen bis einer mal nicht gleich aufgelegt hat. Das war seinerzeit Götz Schmiedehausen, Autor bei der Mega Fun. Dann durch diesen Kontakt ‘Leser des Monats’ geworden und anschließend, nachdem ein großer Teil der ehemaligen Mega Fun den CyPress-Verlag gegründet hat, dort als Freier Mitarbeiter tätig gewesen. Nach dem Abi dann ab nach Würzburg, Festanstellung bei CyPress, tolle Zeit, unvergessen. Danke Götz und vielen Dank auch an Stephan Girlich – der meinen Wahnsinn damals für behandelbar hielt.

Wie hat sich die Branche seit deinem Einstieg verändert?
Spieleproduktionen sind teurer geworden, der Druck demzufolge gestiegen. Erst jetzt kommt, dank iPhone- und Browserspielen, wieder verstärkt eine kreativere Phase die ohne Millioneninvestitionen auskommt. Nach gut 14 Jahren (unglaublich, irgendwie) ist’s nicht ganz einfach, die Veränderungen in der Branche neutral zu bewerten. Wie hat sich dein Leben nach zehn Jahren in einer Ehe verändert? Wo fängt man an zu erzählen? Dass Online inzwischen ne große Nummer ist … klar. Sogar der Simon ist inzwischen eine große Nummer. Bei CyPress hat er damals noch gejammert dass man ihn um das Autorenhonoar für ein Lösungsbuch geprellt hat. Jetzt fährt er einen Aston Martin und prellt Messe-Babes auf der ganzen Welt (Leipzig, Köln, Tokyo, Los Angeles – in der Reihenfolge) um Unterhaltszahlungen. Wichtig ist doch vielmehr: trotz aller Veränderungen ist’s immer noch eine Branche in der man gerne arbeitet. Darauf eine Runde Trinkkekse!

Denkst du, dass ein Studium den Einstieg in eine Spieleredaktion erleichtert?
Das glaub ich nicht. Japanologie mag helfen. Aber als Spieleredakteur musst du nicht studiert haben. Vielmehr hilft ein Studium beim Ausstieg aus der Spieleredaktion. Braucht ein Auto einen Airbag? Wenn’s scheppert auf jeden Fall. Fakt ist: es gab noch nie so viele freie Autoren und Redaktionsbüros (hinter den sich ja meist auch ein freier Autor verbirgt). Und Redakteure sind kein seltenes Gut mehr, das von verschiedenen Verlagen umworben wird. In dieser Hinsicht war es, um nochmal auf die Frage nach den Veränderungen zurückzukommen, früher besser. Studium: mal mitnehmen, kann im Ernstfall sehr hilfreich sein.

Was denkst du über Printmagazine und Online?
Ich mag Printmedien. Nicht nur weil ich da so viele spannende Jahre erleben durfte. Print ist im letzten Jahr gewachsen, auf die Gesamtheit der Magazine bezogen. Spielehefte verlieren hingegen tendenziell, das liegt an der Geschwindigkeit, mit der unsere Branche Neuheiten produziert und kommuniziert. Bei einem Automagazin ist’s mir nicht ganz so wichtig ob ich den ausführlichen Test vom Mercedes SLS am Mittwoch oder Samstag lese.Und denkt doch mal an Tipps & Tricks, die ganzen Komplettlösungsgeschichten von damals – hier haben Websites einfach einen gigantischen Vorsprung. Zudem erschöpfen sich die Ansätze für Print ja auch. Wohingegen Gaming-Websites in den letzten Jahren sagenhaftes geleistet haben. Kuck dir mal an was du inzwischen alles angeboten kommst: Online-Spielesendungen, Podcasts, Live-Berichterstattung, HD-Trailer – als Spieler hatte es man in Sachen Informationsdichte und Aktualität nie besser.

Wie sieht die Zukunft der Spieleredaktion aus?
Die Umstellungen gab es schon. Vielseitigkeit bleibt das dominierende Thema. Artikel für Print, ein Online-Feature, Twitter-Updates, Video-Podcasts, Covermount-Videos – wie schön entspannt wir es doch damals hatten …

Zurück zur Übersicht


Name:
Joachim “Jo” Hesse (Twitter)

Ehemalige Position(en) in Spieleredaktionen:
Leitung der Zeitschrift PC Action

Wie bist du in die Branche gekommen?
Spiele auf dem Bildschirm haben mich schon als Kind fasziniert, geschrieben habe ich auch gerne. Da lag die Idee nahe, diese Talente zu vereinen. In einem Nebenjob bei Spielehersteller Infogrames habe ich in die Branche reingeschnuppert und mich dann auf eine Stellenanzeige als Redakteur beworben. Der Arbeitsplatz war zwar bereits vergeben, doch der damalige Chefredakteur hat mich an PC Action vermittelt. So bin ich aus Hessen nach Nürnberg gezogen. Nach zehn Jahren im Schoß einer Redaktion arbeite ich seit vorigem Jahr von zu Hause auf eigene Rechnung für mehrere Print- und Online-Magazine.

Welche Fähigkeiten sind in einer Spieleredaktion gefragt? Spieletalent vor Rechtschreibung? Highscore vor Fachwissen?
Gutes Englisch, Team-Geist und die Gabe, komplizierte Sachverhalte kurz und unterhaltsam wiederzugeben, halte ich persönlich für wichtig. Der Rest hängt vom Aufgabengebiet ab. Spiele sollte man natürlich mögen, aber man braucht als Redakteur nicht Billy Mitchell in Donkey Kong zu schlagen oder alle Gegenstände aus dem Rubinsanktum von World of Warcraft aufsagen. Wer sich bereits bei seiner Unterschrift auf dem EC-Kassenbeleg verschreibt oder Super Mario für einen Fernsehkomiker hält, sollte generell seinen Berufswunsch überdenken. Und um noch ein paar Menschen die Illusionen zu rauben: In einer Redaktion schreibt, telefoniert und organisiert man garantiert mehr, als dass man spielt.

Denkst du, dass ein Studium den Einstieg in eine Spieleredaktion erleichtert? Ist es in deinen Augen eventuell sogar nötig?
Nein.

Wie hat sich die Branche seit deinem Einstieg verändert?
Sie verwandelt mehr und mehr zu einem ganz normalen Geschäft. Große Spiele kosten Millionen, müssen aber auch Millionen wieder einspielen. Dieser Druck sickert in alle Bereiche. Früher kam ein Peter Molyneux noch zu uns in die Redaktion, um ein neues Spiel zu präsentieren, heute gibt er in einem Saal auf der Gamescom eine Pressekonferenz. Die Branche ist erwachsen geworden, weniger kreativ, besser organisiert. Ich bin froh, dass ich ihre wilde Jugendzeit miterleben durfte.

Was denkst du über Printmagazine und Online? Wie sieht die Zukunft der Spieleredaktion aus?
Um es vorweg zu nehmen: Das Print-Magazin ist längst nicht tot. Jedenfalls nicht, solange Apple nicht das faltbare iPad zum Taschengeldpreis vorstellt. Ich mag an Print, Informationen kompakt serviert zu bekommen und gemütlich auf dem stillen Örtchen zu lesen. Andererseits spricht mich auch vieles sprachlich oder thematisch nicht an. Ich bin durch das Internet inzwischen gewohnt, gezielt nach Themen suchen zu können, die mich interessieren. Da ist zwar auch viel Mist dabei, aber eben auch genau der eine gut geschriebene Schnipsel, der mich interessiert. Ich denke, dass Online in Zukunft Videos an Bedeutung zunehmen und lange Texte seltener werden. Die üppigen Werbegelder früherer Jahre sind aber aus meiner Sicht weder mit Online noch mit Print zu verdienen. Der Print-Markt verfügt durch das Internet nicht mehr über das Informationsmonopol wie noch vor 10 bis 15 Jahren. Dementsprechend steckt er in einer Verkaufszahlen-Abwärtsspirale und verliert an Einfluss und Anzeigen. Online hat keine Vertriebserlöse und Werbegelder verteilen sich auf viele Nasen. Das alles führt auch dazu, dass sich Verlage keine großen Redaktionen aus festen Mitarbeitern mehr leisten können oder wollen. Die Tage der traditionellen Spieleredaktionen sind also gezählt, der Wandel hat bereits begonnen. Der Trend geht zu dezentralen Redaktionen. Wenige Redakteure verwalten als eierlegende Wollmilchsäue die Reste. Muss man das gut finden? Nein. Kann das gut gehen? Ja. Doch es wird Zeit, auch inhaltlich neue Wege zu gehen.

Macht dir das Spielen noch Spaß oder verkommt es zur Arbeit?
Nennt mich verrückt, nennt mich übergeschnappt, aber zu spielen bereitet mir noch genauso viel Freude wie am ersten Tag. Ich spiele wahnsinnig gerne und finde, dass Gamerscore die beste Erfindung der vergangenen fünf Jahre ist. Unter Zeitdruck für einen Bericht zu spielen, ist natürlich stressiger. Meine Freundin Linda war zum Beispiel ganz schön fertig, nachdem Sie mit mir stundenlang am Stück Rätsel in Black Mirror 2 für meinen Test bei Eurogamer.de geknackt hat. Besonders schlimm sind Spiele, die mir keinen Spaß machen.

Dein wichtigster Tipp für Schüler, die gerne als Spieleredakteur arbeiten wollen?
Schreiben, schreiben, schreiben. Egal was. Und dabei keine Formulierungen verwenden, die man schon anderenorts tausend Mal gelesen hat.

Zurück zur Übersicht


Name:
Sandra Friedrichs

Derzeitige Position:
Redakteurin bei Spieletipps und Xboxdynasty

Ehemalige Position(en) in Spieleredaktionen:
Praktikantin bei Computec Media AG

Wie bist du in die Branche gekommen?
Vor ein paar Jahren habe ich dank “Final Fantasy X” die Liebe zu Videospielen wiederentdeckt und mir kurz daraufhin die neusten Konsolen zugelegt. Wie fast jeder andere auch habe ich mich dann über die neusten Spiele informiert und wollte immer detailliert wissen, wie sie sind. Ich habe in dieser Zeit etliche Previews und Tests gelesen, die mir gegen den Strich gingen. Einige Games wurden von den Kritikern zerrissen, obwohl ich sie überaus gelungen fand. Und was dachte ich mir dann? Genau, nicht meckern, sondern besser machen. So habe ich mich auf gut Glück bei Spieletipps als Redakteurin beworben und wurde auch prompt angenommen. Ja, der Weg in die Branche war kinderleicht.

Welche Fähigkeiten sind in einer Spieleredaktion gefragt? Spieletalent vor Rechtschreibung? Highscore vor Fachwissen?
Aus meiner Erfahrung heraus muss ein Schreiberling alle Fähigkeiten besitzen. Ohne Frage muss man die deutsche Sprache beherrschen und sich nur sehr selten Fehler in der Grammatik oder Rechtschreibung erlauben. Oder wollt ihr euch Texte durchlesen, in denen ihr Sätze sucht, die nicht falsch geschrieben sind? Wohl kaum. Ansonsten gilt es, sich Fachwissen, was man nicht von vornerein hat, anzulesen und Spiele so schnell es geht durchzuspielen, damit der Test online gehen kann. Es ist darüber hinaus noch wichtig, motiviert zu sein und an all dem Spaß zu haben. Das ist manchmal einfacher gesagt als getan.

Denkst du, dass ein Studium den Einstieg in eine Spieleredaktion erleichtert? Ist es in deinen Augen eventuell sogar nötig?
Ich studiere momentan Kommunikations- und Medienwissenschaften, aber nicht, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass es jemand ohne Studium nicht in die Branche schafft. Ich halte mir eben alle Möglichkeiten offen. Ich kenne etliche, die als Redakteure ohne abgeschlossenes Studium in Verlagen sitzen. Jedoch wäre es ein fataler Fehler zu glauben, dass man so eine Stelle mit einem normalen Abi sicher hat. Es werden immer die besseren vorgezogen, die schon Erfahrung haben und fehlerfrei schreiben können. Und meistens sind das die studierten Leute.

Was denkst du über Printmagazine und Online? Wie sieht die Zukunft der Spieleredaktion aus?
Ganz klar: Online ist die Zukunft. Es wird zwar noch Jahre dauern, bis alle Printmagazine eingestellt sind, aber wir sind auf dem Weg dorthin. Die Auflagenzahlen sinken und Stammredakteure werden entlassen, weil das Geld fehlt. Aber auch als Kunde stehe ich vor der Wahl: Will ich mir ein kostenpflichtiges Heft kaufen oder surfe ich eben mal auf eine Seite, welche die gleichen Infos kostenfrei zur Verfügung stellt? Dank des mobilen Surfens wird sich diese Entwicklung noch dramatisieren, da man sich überall Berichte und Tests anschauen kann, was früher nur mit Zeitschriften möglich war.

Dein wichtigster Tipp für Schüler, die gerne als Spieleredakteur arbeiten wollen?
Denkt darüber nicht mehr nach, sondern macht es einfach! Schreibt Artikel, lernt aus euren Fehlern und bewerbt euch bei diversen Spieleseiten. So hat meine „Karriere“ angefangen, wieso also nicht auch eure?

Zurück zur Übersicht


Name:
Sebastian Srb (Twitter)

Ehemalige Position(en) in Spieleredaktionen:
Praktikant in der Online-Redaktion von pcgames.de, pcaction.de und videogameszone.de

Wie bist du in die Branche gekommen?
Über einen ehemaligen Studienkollegen, der als Online-Redakteur bei Computec arbeitet und mir was von dem Praktikum gezwitschert hat.

Welche deiner Aufgaben bleibt dir bisher am liebsten in Erinnerung?
Kameramann und Mitglied eines Video-Podcasts (1337-Time ftw!) zu sein. Außerdem natürlich für gewisse Zeit für eine eigene Seite zuständig sein zu dürfen. Und: Schreiben, schreiben, schreiben!

Welche Fähigkeiten sind in einer Spieleredaktion gefragt? Spieletalent vor Rechtschreibung? Highscore vor Fachwissen?
Aus meiner Erfahrung: Definitiv Rechtschreibung und Stil vor Spieletalent. Außerdem Stressresistenz und Vorlieben für Überstunden. Die eine oder andere bittere Pille sollte man auch schlucken können. Dafür kann man das Fachwissen vor Ort stark erweitern. Und natürlich Spiele spielen.

Denkst du, dass ein Studium den Einstieg in eine Spieleredaktion erleichtert? Ist es in deinen Augen eventuell sogar nötig?
Den Einstieg wird es nicht allzu stark erleichtern, dazu werden Praktikanten zu häufig gesucht. Persönlich kann ich zu einem Studium – vorausgesetzt die Möglichkeit besteht – in Richtung Journalismus/Geisteswissenschaft aber nur raten, man bekommt einen ganz anderen Blickwinkel auf das Geschehen und muss den Spieljournalismus nicht als alleinige Karriere-Möglichkeit sehen. Das hilft enorm sich von dem Stress nicht anstecken zu lassen.

Was denkst du über Printmagazine und Online? Wie sieht die Zukunft der Spieleredaktion aus?
Printmagazine haben immer noch ihre Daseinsberechtigung und werden sie beibehalten. In Deutschland fällt mir im Spielebereich allerdings nur die GEE ein. Das ist ein hundertprozentiges Printprodukt und funktioniert meines Erachtens auch nur so. Alle anderen Magazine werden weiter Probleme bekommen, wenn sich inhaltlich und von der Ausrichtung her nichts ändern wird. Allerdings hängt das auch ganz stark mit der allgemeinen Situation der Spiele in Deutschland zusammen: Spiele sind immer noch kein Mainstream! Sie mögen wirtschaftlich auf Augenhöhe mit Filmen oder Büchern sein, sie sind es aber weder inhaltlich, noch vom Anspruch, noch von der Käuferschicht. Erst wenn Spielerezensionen, die sich dann inhaltlich ähnlich stark befassen, wie es mit Filmen derzeit gemacht wird, auch in Der Zeit, Der Spiegel oder Stern zu finden sind, kann man vielleicht von so etwas wie Mainstream reden. Und ich meine da nicht den Artikel über ein GTA 4 oder die wöchentlichen Neuerscheinungen, sondern zum Beispiel die kulturelle Einordnung von Red Dead Redemption oder warum Limbo keine Kunst/doch Kunst ist. Sachen, die Vorwissen benötigen, die 90 Prozent der jetzigen Leser dieser Zeitungen und Magazine gar nicht haben, die aber durch die Artikel sehen können, dass sie wohl etwas verpassen. Gerade im anspruchsvolleren Bereich der Berichterstattung hat der Online-Bereich auch noch stark aufzuholen. Das, was teilweise in den USA und England im Spielebereich auf Blogs und Webseiten fabriziert wird, sucht man hier leider noch vergeblich. Tatsächlich sehe ich nur einige wenige deutsche Spieleblogs, die mir das liefern können, was ich über Spiele lesen möchte. Nämlich eine Annäherung an Spiele, die sich ganz weit Weg von Test-Kriterien, Prozentwertungen und Phrasendrescherei bewegt. Die mir tatsächlich sagen kann, was an einem Spiel schön ist und nicht nur sagt, dass die Grafik “bombastisch” ist. Solche Sachen findet man bisher vereinzelt im privaten Bereich, von Leuten, die kein Geld oder sehr wenig mit den Texten verdienen, was natürlich schade ist. Aus diesem Bereich kommt bisher und wohl auch weiterhin in Zukunft die meiste Innovation – nur die Leserschaft ist nicht die größte. Vielleicht kann GameOne da tatsächlich ein Mittelding werden. Ich bin mal auf die Entwicklung von Euch gespannt. Denn der restliche kommerzielle Online-Spielejournalismus in Deutschland scheint mir so ein bisschen in festgetretenen Pfaden gefangen zu sein. Dort müssen am besten alle Leser gleich gut bedient werden, es müssen Vorgaben erfüllt und Zahlen erreicht werden – letztlich bleibt meines Erachtens leider oft die Kreativität und die Zeit für lang ausgearbeitete Artikel auf der Strecke. Das ist schade, denn die kommerziellen Seiten haben dafür eine große Leserschaft und können hier und da auch erzieherisch auftreten und den Lesern einen Blick über den Tellerrand gewähren – was guter Journalismus natürlich immer auch machen sollte. Um die Frage mal zu beantworten: Ich glaube, dass sich tatsächlich noch viel bewegen wird im Spielebereich, es ist nur schwierig vorherzusagen in welche Richtung. Eines ist klar: Im Online-Bereich haben wir gerade erst die Kinderschuhe angezogen. Da geht noch einiges. Und diejenigen, die jetzt erst anfangen, werden noch viel mitgestalten können, was natürlich hoffentlich auch Geldverdienen bedeutet …

Macht dir das Spielen noch Spaß oder verkommt es zur Arbeit?
Tatsächlich macht mir Spielen fast kaum mehr Spaß. Das hat zwar hier und da auch mit der Zeit im Praktikum zu tun – schlechte Spiele müssen eben auch gespielt werden – mehr aber mit der gesamten Situation der Spiele. Ich verlange inhaltlich, spielerisch und vom Anspruch her inzwischen viel mehr von Spielen und das wird sehr, sehr selten wirklich geliefert. Ich befasse mich dafür sehr gerne mit Spielen, deren Mechanik und was noch möglich ist. Da hilft es auch Spiele spielen zu müssen, die man sonst nie anfassen würde.

Dein wichtigster Tipp für Schüler, die gerne als Spieleredakteur arbeiten wollen?
Schreiben! Schreibt viel, schreibt gerne, lest viel und lest gerne. Auch und sogar über Spiele. Ihr solltet auch nicht sofort mit einem Praktikum anfangen, sucht euch ein privates Spielemagazin und veröffentlicht dort eure ersten Tests und Artikel. Dort könnt ihr wahnsinnig viel ausprobieren und lernen, ohne dass euch der Kopf bei Misserfolg abgehauen wird. Und: Seid geduldig. Niemand ist sofort Redakteur geworden.

Zurück zur Übersicht


Name:
Sven Wernicke (Twitter)

Derzeitige Position:
Ich bin derzeit freier Redakteur für diverse Onlinemagazine und einen Verlag. Ebenso berate ich das eine oder andere Unternehmen bzgl. Internet-Präsenz oder redaktionelle Inhalte. Und nicht vergessen darf ich meinen Blog Polygamia.de, auf dem ich über all das schreibe, was mich interessiert und keiner meiner Kunden haben möchte.

Ehemalige Position(en) in Spieleredaktionen:
Chefredakteur von Betreiber des Onlinemagazins DemoNews.de. Nach 10 Jahren hatte ich darauf keine Lust mehr, denn es ist keine Leichtigkeit, eine gut laufende und erfolgreiche Webseite zu betreiben.

Wie bist du in die Branche gekommen?
Das ist im Grunde auch schon weit über zehn Jahre her. Damals bastelte ich meine erste Webseite, die sich unter anderem mit Freeware-Spielen beschäftigte. Das war so erfolgreich, dass ich diese mit zwei Freunden ausbaute und in ein großes Download-Portal für alles, was irgendwie unterhaltsam war, verwandelte. Nebenbei stampfte ich ein weiteres Projekt aus dem virtuellen Boden (DemoNews.de), auf dem ich Spiele- und Grafikdemos anbot. Aus dem Zweithobby wurde während meiner Ausbildung zum Fachinformatiker eine richtig gute Webseite, mit der ich den Schritt in die Selbständigkeit wagte. Und nach und nach wuchs ich sozusagen in die Branche hinein, denn auf der Seite sollten auch Testberichte, Vorschauen und Spielenews angeboten werden. Ich bin quasi in das Business hinein geschlittert, letztendlich war das natürlich gewollt, schließlich liebe ich Spiele. Es ist also ein fast schon klassischer Weg, den vermutlich viele gegangen sind: Aus dem Hobby hab ich meinen Beruf gemacht. Tja, aber 1999 oder so war das alles noch etwas einfacher als heutzutage …

Denkst du, dass ein Studium den Einstieg in eine Spieleredaktion erleichtert? Ist es in deinen Augen eventuell sogar nötig?
Ich hab selbst nicht studiert, sollte ich diese Frage dann bejahen? :) Möchte man als freier Redakteur für diverse Magazine tätig sein, ist eine professionelle Ausbildung sicher nicht verkehrt. Das Schreiben will schließlich gelernt sein, zudem kann es nie schaden, auch anderes Wissen zu besitzen. Wie recherchiere ich? Wer ist meine Zielgruppe, wie tickt mein Kunde? Wie kalkuliere ich, damit ich von dem Job leben kann? Ob man dazu zwingend ein Studium benötigt? Ich denke nicht, oftmals kann auch ein Volontariat bei einem seriösen Unternehmen genügen, um hilfreiche Erfahrungen zu sammeln. Trotzdem: Gerade im Spielebusiness tummeln sich viele Quereinsteiger, die keine direkt passende Ausbildung genossen haben. Grundsätzlich tragisch ist das gegenwärtig noch nicht, wichtig ist, dass man etwas auf dem Kasten hat und vielleicht auch seine Leidenschaft in Worte fassen kann. Nicht irrelevant ist ferner: In Deutschland gibt es meines Wissens nach unzureichende Studien-Angebote (es gibt schon welche, klar!) oder Ausbildungsberufe, die fürs Spielebusiness perfekt geeignet wären. Es ist ohnehin die Frage, ob man z.B. irgendwas Richtung Journalismus studiert haben muss, schließlich schreibt man für Leute, die gerne zocken. Und wünschen diese ein Niveau, das drei Ebenen über ihrem Intellekt angesiedelt ist? :)

Was hat sich seit deinem Einstieg in die Branche geändert?
Innerhalb der letzten zehn Jahre hat sich viel getan, logo! Die Branche wird erwachsen, professionell sozusagen. Und es scheint, als würde heutzutage jeder denken, ein eigenes Spielemagazin auf die Beine stellen zu können. Es ist ja auch nicht schwierig: Schöne Templates hat das kostenlose Wordpress ja zu bieten … genauso wie andere Systeme, mit denen man in Windeseile eine Seite starten kann. Die Folge ist, dass es derzeit unglaublich viele Magazine gibt, von denen wohl nur die wenigsten irgendwo relevant sind oder gar als Unternehmen betrieben werden. Auf der anderen Seite wird es für Spielehersteller schwierig, noch zwischen wichtig und unwichtig zu erscheinen – und manch gutes sowie unterstützenswertes Projekt bleibt somit auf der Strecke. Wie dem auch sei: Seit meinem Einstieg sind gefühlte 10 Mio. neue Magazine dazu gekommen und 9,5 Millionen wieder verschwunden. Genauso sind viele Publisher gekommen und irgendwann im besten Fall aufgekauft worden. Wie nennt man das? Marktbereinigung … und das war vor 10-15 Jahren noch nicht so stark ausgeprägt, da dominierte eher die Aufbruchstimmung. Achja, und es ist jetzt auch schwieriger, Arbeit als Freier zu bekommen. Klar, kostenlos könnte ich vielleicht überall loslegen, aber eine angemessene Bezahlung wäre mir schon lieber. :) Ich konkurriere jedoch mit vielen Leuten, die neben ihrer Schule oder dem Job noch hier und da etwas schreiben – für keine oder geringe Entlohnung. Ich glaube aber, dass man früher wie heute nicht reich als Redakteur werden konnte/kann – außer, man ist irgendwo angestellt.

Wie sieht dein Arbeitsalltag aus? Spielst du wirklich 20 Stunden am Tag?
Nein, ich hab auch ein Leben. :) Spiele sind mein Job, ganz klar. Trotzdem ist mir ein regulärer Arbeitsalltag sehr wichtig. Ich habe für jede Woche eine Todo-Liste, die ich abzuarbeiten habe. Selbstverständlich stehen dort auch Dinge drauf wie „Titel XY spielen“, genauso wie freilich das Schreiben der dazu gehörigen Artikel. Diverse Kunden wünschen auch Neuigkeiten oder Themen-Specials, hierfür ist die tagtägliche Recherche zwingend erforderlich. Ohnehin ist Recherche ein sehr dominanter Bestandteil meiner Arbeit. Und zocken, tja … meist am Nachmittag, Abend oder in der Nacht – vermutlich wie die meisten Spieler, mit dem Unterschied, dass ich meine gesammelten Erfahrungen dann tags drauf oder später (kommt natürlich auf das Spiel an) weiter gebe. Aber, und das sei betont, es ist sehr viel theoretische Arbeit, für 20 Stunden Zockerei am Tag ist schlichtweg keine Zeit.

Was denkst du über Printmagazine und Online? Wie sieht die Zukunft der Spieleredaktion aus?
Ich weiß nicht, ob ich durch meine Arbeit für die Allgemeinheit sprechen kann. Wäre das so, würde es für Print und Online nicht so toll aussehen. :) Zeitschriften, die sich mit Spiele-relevanten Themen beschäftigen, kaufe ich grundsätzlich nicht mehr. Schaut man sich die IVW-Verkaufszahlen hiesiger Spielezeitschriften an, bin ich längst nicht mehr der Einzige, dem es so geht. Das hat zig Gründe und geht mir gar nicht mal darum, dass ich für etwas zahlen soll, was ich im Internet gratis erhalten würde. Vielmehr ist das Medium für mich unpraktisch, und ich sehe nur noch eine echte Daseinsberichtigung als Klolektüre – doch dort liegen bei mir ganz andere Zeitungen, die sich gar nicht mehr mit Spielen beschäftigen. Im Online-Bereich muss ich zugeben, dass mich die Quantität der Magazine sehr nervt. Fast jeder schreibt den gleichen Mumpitz, der mich nicht einmal interessiert. Neuigkeiten besitzen keinen Wert, kaum Informationsgehalt und haben nur selten etwas mit journalistischer Arbeit zu tun. Daher wähle ich ganz konkret die Seiten aus, die ich regelmäßig ansurfe, aus persönlichem Interesse. Und das sind letztendlich nur noch ein paar Magazine und oftmals schöne Blogs, welche sich abseits des Einheitsbreis bewegen. Glücklicherweise existieren tatsächlich zahlreiche Seiten, wo ich sage: „Wow, toller Artikel. Da hat das Lesen Spaß gemacht“.Wie eine zukünftige Spieleredaktion aussehen mag? Ich hoffe modern. Und die Leute haben noch Spaß bei der Arbeit haben. Ich könnte mir gut vorstellen, dass sich das Nutzungsverhalten der Spieler weiter verändert, Redakteure intensiver mit ihren Lesern interagieren und endlich wieder über Dinge schreiben, die sie selbst und ihre Zielgruppe reizen. Ich kann den ganzen Scheiß wie „Die 10 tollsten Crysis-Bilder in Ultra-High-Res-Super-Duper“ einfach nicht mehr sehen. Wer braucht sowas? Und wer braucht Informationen, die keinen Mehrwert haben? Ja, es wäre toll, wenn die Zukunft eine bessere Qualität und dafür weniger Quantität bringen würde. Ob dies zur Realität wird? Ich bin noch skeptisch. Denkbar ist es nämlich, dass die nächsten Jahre nichts viel passieren wird – es kommt ja dann doch letztendlich auf den Konsumenten an … und auf die Verantwortlichen, die meinen zu wissen, was ihre Leser wünschen …

Zurück zur Übersicht


Name:
Lukasz Ciszewski. Ausgesprochen „Lukasch Tschischeffski“. Meine Fans nennen mich „Luke“, meine Mutter „Luki-Boy“.

Ehemalige Position(en) in Spieleredaktionen:
Freier Redakteur (2001–2004), Redakteur und Online-Redakteur (2004–2009). Publikationen, für die schreiben durfte: PC ACTION, PC Games, X3, Play3, SFT, Widescreen Vision.

Wie bist du in die Branche gekommen?
Mit 16 Jahren begann ich aus Langeweile, News und Tests für eine österreichische Gaming-Website zu verfassen. Zudem war ich großer Anhänger der PC ACTION. Im Januar 2002 wunderte ich mich, dass der legendäre Leserbriefonkel Harald Fränkel keine Website hatte. Also baute ich ihm eine und stellte somit den Kontakt zur Chefetage der PCA her. Obwohl die Seite echt scheiße aussah, wollte Fränkel irgendwann ein paar Artikel von mir sehen. Ich schickte ihm das Zeug, kurz darauf lud er mich in die Redaktion zum Bewerbungsgespräch ein. Dies legte den Grundstein für meinen kometenhaften Aufstieg in der Branche.

Wieso bist du aus der der Branche ausgestiegen?
Darüber spreche ich nur ungern … Nun ja, ich wurde aus meiner alten Firma herausgemobbt. Es ist wirklich hart, wenn man von anderen Menschen wie Dreck behandelt wird, nur weil man einen ausländischen Namen besitzt. Hehe, war nur Spaß! Ich wurde gefeuert, weil ich den ständigen Termindruck irgendwann nicht mehr ausgehalten habe. Ha! War wieder nur ein Gag! Eigentlich bin ich ausgestiegen, weil ich Bock auf kreative Abwechslung hatte. Deshalb bin ich jetzt in der Werbebranche.

Welche Fähigkeiten sind in einer Spieleredaktion gefragt? Spieletalent vor Rechtschreibung? Highscore vor Fachwissen?
Am wichtigsten sind meiner Meinung nach die handwerklichen Fertigkeiten. Ein Gespür für Sprache und Rechtschreibung muss vorhanden sein. ich kann doch niemand Ernst nehmen der so schreibt als hätte er seid der 2ten-Klasse den deutsch Unterricht geschwenzt vor allem wenn er nie etwas von Satzeichen gehört hat ja das mag ich überhaupt nicht. Das Wissen über Spiele ist natürlich auch eine wichtige Grundlage. In heutigen Zeiten ist es übrigens sehr peinlich, strikt zwischen PC und Konsole zu unterscheiden. Beide Plattformen bieten zahlreiche Top-Titel, die man als Redakteur kennen muss. Nichts ist ätzender als ständig Sprüche wie „Du spielst Ego-Shooter mit Controller? LoL du n00b! Ich owne dich mit Maus und Tastatur weg!“ in der Redaktion zu hören. Echte Profis blicken stets über den Tellerrand, besitzen alle System und zocken alles.

Denkst du, dass ein Studium den Einstieg in eine Spieleredaktion erleichtert? Ist es in deinen Augen eventuell sogar nötig?
Wir schreiben hier über Spiele, nicht über die politischen Zusammenhänge des Konflikts in Süd-Waziristan. Ein Studium ist nicht nötig, aber es schadet auch nicht.

Was denkst du über Printmagazine und Online? Wie sieht die Zukunft der Spieleredaktion aus?
Ich habe eine brandneue Erkenntnis, die ich mit euch teilen möchte: Die Zukunft findet online statt! Dieses Internet, von dem alle reden, ist voll dufte. Aber so eine Printpublikation ist natürlich auch sehr praktisch, wenn ich mal keinen Laptop aufs Klo mitgenommen habe. Online-Medien haben ja den Ruf, nicht so gutes Zeug abzuliefern wie die Print-Kollegen. Doch ich finde beispielsweise, dass es GameOne genau richtig macht. Anständige Web-Inhalte, die nicht nur hingerotzt, sondern auch mal aufwändiger produziert und sorgfältiger recherchiert werden. Daran sollten sich andere Redaktionen mal ein Beispiel nehmen. So, genug geschleimt.

Macht dir das Spielen noch Spaß oder verkommt es zur Arbeit?
Jetzt, nachdem ich die Branche verlassen habe, macht mir das Zocken wieder mehr Spaß. Das liegt aber einfach daran, dass ich viel weniger Zeit dafür habe. Und wenn ich mich dann an meine 360 setze, spiele ich bewusster und intensiver. Wenn man in der Redaktion jede Woche ein oder zwei Games durchspielen muss, stumpft man irgendwann ab. Besonders schlimm ist es, wenn man unter Zeitdruck einen Top-Titel testen muss, den man eigentlich privat genießen wollte. Das tut dem Zockerherzen weh.

Welches war das verrückteste Presseevent, auf dem du jemals warst? Was ist passiert?
Definitiv meine Reise nach North Carolina zu Epic Games im Jahr 2005. Damals sollte ich als erster Journalist auf diesem Planeten “Unreal Tournament 3” zu Gesicht bekommen. Das Event an sich war wenig spektakulär: Nach der Präsentation fuhr mich einer der Mapdesigner in seinem dicken Benz zu einem Fastfood-Schuppen, wo wir mit Studiochef Mark Rein Hamburger fraßen. Später machten wir die Bars von Raleigh unsicher und betranken uns. Blöd: Unser Fahrer, der erwähnte Mapdesigner, machte munter mit. Als ich dann vorsichtig nach einem Taxi fragte, wurde ich nur ausgelacht. „HAHAHAHA, HIER IN NORTH CAROLINA WARTET MAN TAGELANG AUF EIN TAXI, WEIL DOCH JEDER EIN AUTO HAT!“ Also sind wir auf dem Weg ins Hotel mit unserem betrunkenen Fahrer (!) mit überhöhter Geschwindigkeit (!!) über eine rote Ampel (!!!) an einem Polizeiauto (!!!!) vorbeigefahren. Zum Glück hatten die Gesetzeshüter keine Lust, uns einzubuchten. Eine wundervolle Erfahrung.

Dein wichtigster Tipp für Schüler, die gerne als Spieleredakteur arbeiten wollen?
Fangt sofort bei einer Gaming-Website an, egal wie klein sie ist. Achtet dabei immer auf eure Rechtschreibung. Und wenn ihr etwas macht, macht es anständig. Ebenso wichtig: Erweitert euren Horizont! Guckt Filme und Serien, lest Zeitschriften und Bücher. Leute, die nur übers Gaming und nichts anderes reden können, kann niemand leiden. Ach ja, und fangt niemals mit World of Warcraft an. Das raubt euch das Interesse an anderen Spielen und Genres. In Kurzform: Seid Nerds, aber coole Nerds.

Zurück zur Übersicht