Senf ab: Ubisofts neuer Kopierschutz
Es ist mal wieder soweit. Mit “Ubisoft” versucht sich erneut ein großer Publisher an einem System, Raubkopien für den PC den Riegel vorzuschieben. 2008 gab es die letzte große Diskussion zum Thema Digital Rights Management (DRM), als “Electronic Arts” seinen Blockbuster “Spore” mit dem Kopierschutz “SecuROM” auslieferte. Dieses zwingt den Spieler zu einer einmaligen Onlineaktivierung und beschränkt die Installation des Titels auf drei Rechner. Darüber hinaus greift “SecuROM” in den Betriebskern des PCs ein und bleibt so auch nach einer Neuinstallation von Windows aktiv. Das System brachte “EA” viel Kritik ein und schlussendlich blieb die Maßnahme wirkungslos, denn Raubkopien von “Spore” gab es dennoch.
Nun ist die Diskussion über DRM wieder aktuell. In “Ubisofts” aktuellen Titeln “Assassin´s Creed 2”, “Silent Hunter 5” und “Die Siedler 7” ist der neue Kopierschutz bereits enthalten, alle folgenden Spiele werden ebenfalls damit ausgeliefert. Dadurch sind diese Titel nur noch online spielbar. Verliert Ihr während des Zockens die Internetverbindung, wird auch das Spiel beendet. Je nachdem auf welchem Speichersystem ein Game aufbaut, werdet Ihr auf Euren letzten Spielstand zurückgesetzt. Bei einigen Titel, wie etwa “Die Siedler 7”, besteht die Möglichkeit, dass das System automatisch speichert, wenn der PC die Internetverbindung verliert. Bei Spielen, in denen es Teil des Gameplays ist, nicht jederzeit und überall speichern zu können, kann man den letzten Fortschritt durchaus verlieren.
Als Vorteil verspricht “Ubisoft” eine Onlineverwaltung Eurer Speicherstände, die Euch Zugriff auf Savegames ermöglicht, auch wenn Ihr auf verschiedenen Rechnern spielt. Anders als das “SecuROM”-System in “EA”-Titeln, gibt es auch keine Installationsbeschränkung auf eine begrenzte Anzahl PCs. Außerdem entfällt das Einlegen der DVD.
Soweit die Fakten. Der wichtigste Eingriff für uns Endverbraucher ist sicher die zwingend erforderliche Internetverbindung. Zwar steht außer Frage, dass in den letzten Jahren eine Flatrate fast zum Standard geworden ist und sich dieser Trend in Zukunft sicher fortsetzen wird, dennoch verfügt gewiss nicht jeder Rechner über eine durchgehende Onlineverbindung. Wer nicht die Möglichkeit besitzt, während des Spielens Online zu sein, kann keine “Ubisoft”-Titel mehr spielen. Wer sich beispielsweise auf langen Bahnfahrten gerne mit seinem Gaming-Laptop die Zeit vertreibt, muss künftig auf Titel wie “Splinter Cell” , “Prince of Persia” oder “Ghost Recon” verzichten. Gemäß dem Fall andere Publisher folgen “Ubisofts” Vorbild, wäre Offline-Gaming auf dem PC demnach bald gänzlich unmöglich.
Und selbst wer die Voraussetzung der permanenten Internetverbindung erfüllt, muss diese ja noch lange nicht wollen. Wenn jemand aber will, und kann, so bleibt immer noch eine Komponente, die er nicht beeinflussen kann: die “Ubisoft”-Server müssen auch permanent online sein. Dem Spiel ist es egal, wer Schuld hat – verliert es den Kontakt mit den Servern des Publishers, schaltet es sich ab. Genau das ist in den letzten Tagen so manchem Kunden der “Ubisoft”-Produkte “Assassin´s Creed 2”, “Die Siedler 7” oder “Silent Hunter 5” passiert.
In einer ersten Stellungnahme des Publisher hieß es erst, die Server hätten Schwierigkeiten mit außergewöhnlichem Andrang. Später wurde eine Serverattacke als Ursache genannt. Wer dahinter steckt, ist unklar, es würde aber irgendwie dem Geist der Internetgesellschaft entsprechen, hätten erzürnte Gamer ihre Finger hier im Spiel.
Paradoxerweise soll es angeblich bereits eine gecrackte Version von “Silent Hunter 5” geben, die ohne Internetverbindung spielbar ist. Was bedeutet, dass die einzigen U-Boote, die während des Serverausfalls durch die Ozeane fuhren, Piratenboote waren. Sollte das stimmen, hat also der Kopierschutz nicht die Raubkopierer ausgesperrt, sondern lediglich die ehrlichen Käufer. Weiter nach hinten kann ein Schuss gar nicht losgehen.
Womit wir beim Dilemma wären. Bisher hat noch keiner der drei großen Medien Musik, Film und Games eine Antwort auf die Kultur des Raukopierens gefunden. Die Musikbranche hat sich vielleicht etwas vom Aderlass der Tauschbörsen erholt und mit “iTunes” einen legalen Anbieter gefunden, den die Masse akzeptiert, obwohl es auch hier einige Einschränkungen im Umgang mit digital erworbenen Nutzungsrechten gibt.
Die Filmbranche geisselt den Käufer immer noch mit unzähligen Warnhinweisen auf Original-DVDs, die man nicht überspringen oder vorspulen kann, während illegale Versionen aus dem Internet völlig frei von solchen Repressalien sind. Was ein Quatsch.
Und auch die Gamesbranche hat es bisher nicht verstanden, ihren Kampf gegen Produktpiraten eben nicht auf dem Rücken der ehrlichen Käufer auszutragen.
Dass der Kampf geführt werden muss, ist völlig klar. Weil es Diebstahl ist. Aber eben auch, weil die Entwicklung von Spielen immer teurer wird und ein einziger Fehlschlag für ein Unternehmen den Ruin bedeuten kann. Er muss geführt werden, weil es naiv ist, zu glauben, dass sich die Gamesbranche weiter so prächtig entwickelt, wenn es wirtschaftlich nicht rentabel bleibt, so viele Ressourcen in ein einziges Produkt zu investieren.
Ein logischer Schritt wäre, die gestiegenen Entwicklungskosten großer Titel an den Endverbraucher weiter zu geben. Dann würden Spiele teurer werden. Was natürlich niemand will und wodurch die Versuchung steigt, ein Spiel illegal zu laden.
Der PC ist von jeher am anfälligsten für Raubkopien. Obwohl ein Titel hier in aller Regel deutlich günstiger ist, als sein Konsolenpendant. Und ein Publisher hat alles Recht der Welt, seine Produkte vor Piraterie zu schützen. Die Wahl und Wirksamkeit der Mittel ist der entscheidende Punkt.
Bisher gibt es noch keinen Kopierschutz, der nachhaltig vor Raubkopien schützt. Und auch “Ubisofts” neuste Methode wird vermutlich früher oder später geknackt. Sobald dies der der Fall ist, machen die Einschränkungen für den Käufer keinen Sinn mehr. Dann muss man sie aufheben. Die Kontrollen an Flughäfen nimmt man ja auch nur in Kauf, weil man das Gefühl hat, damit eine Gefahr abwehren zu können. Das weiß auch “Ubisoft” und deshalb hat man das Gerücht, mit “Silent Hunter 5” sei bereits der erste Titel gecrackt, umgehend dementiert.
Solange “Ubisoft” erfolgreich Raubkopien verhindert, muss jeder für sich selbst entscheiden, ob er die Maßnahmen für angemessen hält. Sie machen das Spielerlebnis in jedem Fall weniger unbeschwert.
Sie nerven. Vor allem aber muss “Ubisoft” gewährleisten, dass sie selbst ihre Hausaufgaben machen und die Server stabil laufen. Es kann einfach nicht sein, dass man vom Spieler verlangt permanent online zu sein und dann gehen die eigenen Server down.
Was ich bei all den Versuchen, seine digitalen Rechte zu schützen, vermisse, sind positive Anreize. Die Publisher übertreffen sich in Ideen, wie man das Produkt durch Maßnahmen schützt, die es für den Käufer unattraktiver machen. Wieso setzt man nicht vermehrt auf Inhalte, die ein Kaufanreiz und gleichzeitig nicht kopierbar sind? Wenn bisher irgendwer der Dumme war, dann meistens der Ehrliche. Und das ist der falsche Weg.