2012 wird ein bedeutendes Jahr. „Klar, Fußball-EM in Polen!“, denkt ihr jetzt vielleicht. Nee, deswegen nicht. Zum heiteren Kick der Nationen wird es ohnehin nicht kommen, denn im Jahr 2012 geht die Welt unter. So richtig unter, apokalyptische Zerstörung, alles im Arsch, Feierabend. Angeblich haben das die alten Maya mit ihrem Sternenkalender so ausgerechnet. Behaupten zumindest knallhart seriöse Wissenschaftsmagazine wie „Galileo Mystery“, und auch unsere Freunde der „Bild“-Zeitung bringen alle paar Tage mal neue Wahnsinns-Enthüllungen über den bevorstehenden Weltuntergang. Okay, Ähnliches hat man auch schon vom neuen Millenium erzählt (herrlich, wie damals Schlag Mitternacht absolut NICHTS passiert ist). Und von den Prophezeiungen des ulkigen Hellseher-Zausels Nostradamus wollen wir mal gar nicht erst anfangen, der hat ja nun wirklich mit erstaunlicher Klarheit exakt die Zukunft vorausgesagt. Falls man unter „mit erstaunlicher Klarheit“ „in völlig vagen Andeutungen, die man interpretieren kann, wie man gerade Bock hat“ und unter „exakt“ „nicht mal annähernd“ versteht. Aber das ist alles Schnee von vorgestern – nun also ist also 2012 unser letztes Jahr, dann geht’s rund. Unser Lieblings-Kaputtmacher Roland Emmerich hat jetzt mal einen Film gedreht, wie er sich den Weltuntergang so vorstellt. Und wer jemals auch nur einen Film von Emmerich gesehen hat, der weiß jetzt schon genau, wie „2012“ ist. Kurz gesagt: Zweieinhalb Stunden lang macht Roland Emmerich alles kaputt.

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Zur Story: Ähm … tja … jetzt mal im Ernst, interessiert die Geschichte eines Emmerich-Films wirklich jemanden? Echt? Okay, also: Im Jahr 2009 entdeckt der Wissenschaftler Dr. Adrian Helmsley (Chiwetel Ejiofor aus dem großartigen „Children of Men“), dass die Menschheit kurz vor ihrer Ausrottung steht. Drei Jahre später, also eben im Jahr 2012, wird die Sonne nämlich durch eine ganz bestimmte Planetenkonstellation den Erdkern so aufheizen, dass irgendwie die Elektronen im Erdmantel weich werden und deswegen die gesamte Erdkruste schmilzt oder so. Fragt mich nicht. Die wissenschaftliche Erklärung für die Naturkatastrophe ist absolut irrelevant, komplett schwachsinnig und wird folgerichtig im Film auch nur kurz angerissen. Muss man einfach mal so schlucken – Welt geht unter und feddich. Ach ja, und dann gibt’s da noch Danny Glover als tapferen US-Präsident, Oliver Platt als kühlen Machtmenschen (ich will nix spoilen, aber er ist die einzige Figur, die sich noch einen Rest Menschenverstand bewahrt hat) und Woody Harrelson ist ein durchgeknallter Öko-Hippie mit Verfolgungswahn, auf den natürlich keiner gehört hat, vermutlich weil er, nun ja, völlig durchgeknallt ist. Hauptperson ist aber John Cusack als Familienvater Curtis Jackson, der mit seinen zwei dezent nervigen Kindern und seiner zugegebenermaßen recht heißen Ex-Frau (Amanda Peet) vor der Katastrophe flieht. Das war’s im Groben.

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Ja, okay, die Story ist hohl und die Figuren gehen einem mal gepflegt am Allerwertesten vorbei – aber sind denn jetzt die Tricks geil? So richtige „Woah, ALTER!!!“-Effekte, bei denen einem vor Staunen das Popcorn aus dem Mund fällt? Kurz gesagt: Rockt „2012“ jetzt alles weg oder nicht? Die Antwort lautet leider Nein. Absolut nicht. Eigentlich ist sogar „Independence Day“ nach wie vor spannender, aufregender und vor allem: besser. Denn wie so oft, ist Roland Emmerich schon wieder in die „Höher, schneller, weiter“-Falle getappt. Nach eigenem Bekunden wollte er mit „2012“ ja alle Katastrophenfilme der Hollywood-Geschichte toppen und das größte Zerstörungsspektakel aller Zeiten abfeiern. Gute Idee eigentlich, nur: Wenn einem dann nichts anderes einfällt, als eine hysterische Actionsequenz an die nächste zu montieren, verliert der ganze Budenzauber schnell an Reiz. Sehr schnell sogar. Klar, anfangs sind die ersten Verwüstungen schon ziemlich beeindruckend, Risse in der Erdkruste, gigantische Eruptionen, ganze Stadtteile versinken ins Nichts, geht schon gut ab. Doch daran hat man sich ziemlich bald satt gesehen, zumal viele der Special-FX dermaßen offensichtlich aus dem Computer kommen, dass man als technikverwöhnter Grafik-Junkie nur noch schmunzeln kann. Newsflash, liebe Filmemacher: Keine noch so fette CGI-Explosion wird jemals die tiefe Befriedigung in uns auslösen, die wir bei ECHTER Zerstörung empfinden, Punkt.

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Dass an den Tricks in „2012“ nahezu nichts handgemacht ist, könnte man dabei ja gerade noch durchgehen lassen. Viel nerviger aber ist, dass Emmerich und sein Drehbuchautor offenbar denken, dass wir noch nie einen familienfreundlichen Actionfilm gesehen haben. Bestes Beispiel John Cusack und seine Gören: Wahlweise zu Fuß, im Auto oder per Flugzeug versuchen sie, dem Inferno zu entkommen, bis zum Ende des Films. Wer glaubt denn bitte ernstlich, dass der blitzsauberen Ami-Familie auch nur ein Haar gekrümmt wird? Wenn wieder mal ein Gesteinsbrocken NUR WENIGE ZENTIMETER neben der kleinen Tochter einschlägt, sollen wir da wirklich erleichtert zurücksinken und uns sagen „Puh, das war aber knapp! Hoffentlich überlebt dieses Prachtkind und wird nicht vom nächsten Stein zu einem Klumpen Matsch zermalmt…“? Die Todesgefahr, vor der unsere Helden wie aufgescheuchte Hühner flüchten, kommt zu keiner Sekunde überzeugend rüber und bleibt weitestgehend Behauptung. So brüllen, hetzen und rennen Johnny-Boy und seine Leute mal hierhin, mal dorthin, können GERADE NOCH vor dem Vulkanausbruch fliehen, bleiben GERADE NOCH mit dem schlingernden Wagen auf der Straße und fliegen GERADE NOCH zwischen zwei einstürzenden Hochhäusern hindurch. Hm-hm, sicher. Unfassbar mitreißend und hochspannend – für Sechsjährige.

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Ach, und auch sonst ist „2012“ größtenteils ziemlich doof. Dass es in Filmen dieses Genres nicht immer ganz realistisch zugeht – geschenkt. In „2012“ sind die Logiklöcher allerdings so riesig, dass vermutlich selbst das Mutterschiff aus „Independence Day“ bequem darin parken könnte. In manchen Szenen habe ich mich ernsthaft gefragt, ob Emmerich vielleicht doch viel cleverer ist als wir alle so denken und diesmal einfach direkt die Parodie auf sich selbst gedreht hat. Diese stereotypen Charaktere, die flachen Dialoge, der schnulzige Patriotismus (natürlich haben nur die USA die Manpower, einen absolut unfehlbaren Überlebensplan zu entwickeln), dieses politisch überkorrekte Finale … Ich bin mir echt nicht sicher, ob er seinen eigenen Film wirklich ernst nimmt. Kann man das überhaupt? Da gibt es etwa diese eine Szene, in der sich die Luken zwischen den überlebenden Menschen und den heran rasenden Wassermassen schließen. Und, ach wie dumm, blöderweise rennt das niedliche Hündchen einer kreischigen Modetussi noch draußen rum. Und nun ratet einfach mal, wie die Szene weitergeht! Wird die Tussi a) bei aller Liebe auf den blöden Köter pfeifen, zumal gerade alle Sturmfluten des Himmels andonnern oder b) ihren Wauwi in letzter Sekunde noch retten, was zwar alle anderen Überlebenden in Lebensgefahr bringt, aber ES IST DOCH ACH SO SÜSS? Kleiner Tipp: Es ist nicht a).

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Aber man mag und kann sich gar nicht so richtig über „2012“ aufregen. Diese kindliche Naivitiät, mit der Emmerich seiner Lust an der Zerstörung hier nachgeht, ist fast schon putzig in ihrer Beschränktheit. Er will keinem auf die Füße treten, hat wenig bis nix zu sagen und wirkliche Überraschungen, die seine Zuschauer eventuell verstören könnten, sind auch nicht so sein Ding. Roland Emmerich ist Roland Emmerich ist Roland Emmerich. Immerhin wirkt „2012“ nicht wie ein überlanger Werbeclip für das U.S.-Militär, die neue Platte von Linkin Park oder Actionfiguren. Und ein Riesenroboter mit Metall-Klöten kommt auch nicht vor, was ich persönlich als kleinen Sieg für das Gute werte. Es ist noch nicht alles verloren.
Also, ein sehr mittelmäßiges Filmchen ist dieser „2012“, deutlich zu lang und mit einer kaum existenten Halbwertzeit. Wahrscheinlich werden ihn sich viele von euch ab morgen trotzdem angucken. Kann ich sogar verstehen – mich würd’s auch reizen, die größte Abrissparty der Filmgeschichte zu sehen. Da wünsche ich viel Spaß und empfehle die eine oder andere Pulle Bier dazu. Aber seid nicht allzusehr überrascht, wenn ihr euch den Weltuntergang irgendwie geiler vorgestellt habt.

Und „Independence Day“ ist immer noch super.

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