Pixelphilosophie
Round 1
Das ferne Unbekannte reizte mich von Anfang an. Ich wollte wissen was hinter den vielen bunten, verschwommenen Bildern lag, die ich eher hinterfragen, als klar erkennen konnte. Je mehr ich mich darauf konzentrierte und je schneller ich dort ankommen wollte, umso bewusster wurde ich mir über die Linearität und die Trostlosigkeit des direkten Weges ins Ungewisse.
Nicht mehr als ein Knopfdruck sollte mich an das Ende meiner Reise führe. Stets mit dem Blick auf das gerichtet, was ich nicht sehen, aber haben konnte. Zu sehr war ich auf das Ende der Reise fixiert, dass doch den Anfang meines Lebens darstellen musste.
Mit dem Alter kam die Einsicht. Das gesuchte Unbekannte war plötzlich da, doch hatte es den Glanz und die Vollkommenheit verloren. Die Suche nach dem Unbekannten war zu Ende, das Vergangene verlor sich wiederum in verschwommenen Erinnerungen. Jene Klarheit über die Motivation meiner Reise wich der Frage nach dem Grund der Reise.
Alt war ich geworden, langsam in den Bewegungen, gesättigt von der Welt und gelangweilt von immer wiederkehrenden Standards. Sollte ich zurückgehen, um den Sinn meines Lebens zu verstehen? Oder sollte ich stillschweigend weiter gehen, und der Zeit ihre Zeit geben?
Ich ging weiter. Nichts anderes kannte ich aus meinem kurzen Dasein. Meine einzige Hoffnung war das Nichts. Das weiße Nichts, das am Ende meiner Reise auf mich wartete.
Round 2
Auch wenn ich das Leben selbst nie verstand, so habe ich doch wenigstens mich verstanden. Ich erkannte die Welt, meine Umgebung und meine eigenen Fähigkeiten. Anstatt den vorgegebenen Weg zu gehen, blickte ich in alle Himmelsrichtungen nach Auswegen, nach Abenteuern und nach den Schätzen, die überall auf mich warteten.
Meine Reise führte durch Irrwege, aber aufhalten konnten sie mich nie. Kam ich mal nicht weiter, drehte ich mich um und lief einfach in eine andere Richtung. Überall traf ich auf Kleinigkeiten, ungeöffnete Schätze die nur von mir geöffnet werden konnten. Nicht immer sammelte ich dabei Gutes ein, aber die Erwartung an mich selbst, so viel wie möglich und so schnell wie möglich zu erfahren und zu sammeln, motivierte mich auf dieser Suche.
Auf einmal war sie da. Ich lief ihr über den Weg und ab diesem Zeitpunkt wich sie nicht mehr von meiner Seite. Ungefragt lief sie an meiner Seite, und ob ich wollte oder nicht: sie folgte mir bei all meinen Schritten. Meine Suche nach den Schätzen des Lebens war mit einem Schlag vorbei.
Es war kein Platz mehr für Abenteuer und Irrwege. Die vielen kleinen Geheimnisse die ich noch sehen konnte, wollte ich einfach nicht mehr erreichen. Ich war sauer, ich ärgerte mich, drehte mich im Kreis und versuchte sie los zu werden. Aber sie blieb bei mir.
Je länger ich gegen sie kämpfte, umso stärker verstand ich dass sie zu mir gehörte. Nach Resignation folgte Akzeptanz, nach der Akzeptanz folgte Verständnis. Nach dem Verständnis folgte Erfahrung.
Mein Weg hatte sich verändert. Mein Weg wurde zu unserem Weg, und nach und nach verstand ich, dass andere Schätze auch auf uns beide warteten. Nach und nach wurde unser Weg klarer. Weniger Irrwege warteten auf uns, dafür umso mehr Schätze, die wir gemeinsam einsammelten. Die Zeit verstrich, wir wurden alt. Und auf einmal war sie nicht mehr da.
Gebrochen ging ich alleine weiter, bis auch ich nicht mehr war.
Round 3
Ich drückte auf Enter und wartete fünf Minuten lang was passiert. Ich hatte schon vor Jahren von diesem Spiel „Passage“ gehört, aber gespielt habe ich es nie. Mit dem Versuch ohne irgendwelche Vorurteile an das Spiel heranzutreten, setzte ich mir das Ziel es drei Mal zu spielen – Komme was wolle.
Geplant, getan. Erst mit der dritten Runde konnte bei mir die volle Begeisterung dieses kleinen Bit-Stückchens entfacht werden. Passage ist eine spielbare Metapher, die das Leben als Solches in ein leichtes, nicht unbedingt gutaussehendes Stück Software verpackt. Durch die Banalität des Ganzen kann man sich, sofern man denn will, auf das Wesentliche konzentrieren. Das könnte simpler und dadurch schwieriger nicht sein: Der eigene Weg von Anfang bis zum Ende. Oder: Das, was man selbst aus dem Weg macht.
Der Macher Jason Rohrer scheint eine Vorliebe für Spiele zu haben, dessen Spielspaß durch die eigene Vorstellungskraft motiviert wird. Passage ist dabei nur eines seiner Projekte, die wir an dieser Stelle nur wärmstens empfehlen können.
Für die schnelllebige Gesellschaft: Fünf Minuten Kopf ausstellen und Passage eine ehrliche Chance geben. Dieses Spiel fordert etwas an uns heraus, was viele große Blockbuster, so groß, so teuer, so pompös sie auch sein mögen, einfach nicht hinbekommen: Unsere Emotionen.
Das Spiel könnt ihr Euch HIER runterladen. Kostenlos.