Eigentlich mag ich den Box-Sport überhaupt nicht. Warum sollte ich zwei farblosen Muskelbergen dabei zuschauen, wie sie sich gegenseitig die Denkmurmel zu Matsch hauen? Wo sind die neonfarbenen Spandex-Hosen? Der mit Stacheldraht umwickelte Stahlkäfig? Und wie soll man mit diesen fetten Handschuhen dem Gegner einen Klappstuhl überziehen? Geht alles nicht… dementsprechend reizen mich Videospiel-Umsetzungen wie „Fight Night“ oder „Facebreaker“ nicht die Bohne. Allerdings gibt es da eine Ausnahme, die mich zum wütenden Berserker vor der Konsole werden lässt – „Punch Out!“ von Nintendo.

In den 80’ern war „Punch Out!“ einer der Must-Have Titel für das NES. Als kleiner Pixelzwerg ist man gegen massige Mucki-Monster namens King Hippo oder Super Macho Man angetreten, sogar das digitale Äquivalent von Mike Tyson samt Zahnlücke war dabei. „Punch Out!“ hatte dabei zum Glück mit echtem Boxen soviel gemein der Schalke 04 mit einem Meisterschaftskanditen – statt drögem Realismus galt es hier die schillernden Super-Gegner mit unmenschlich guten Reflexen und perfekt ausgeklügelter Taktik zu traktieren. Freilich hat der knallharte Schwierigkeitsgrad von „Punch Out!“ bestimmt die eine oder andere zarte Kinderseele auf dem Gewissen… diese Weicheier hattens aber irgendwie auch verdient, oder?

All dieser Hype ist leider an mir vorbeigegangen, denn ich war ein Computer-Kind. Genährt am eckigen Pixelbusen des Atari 2600 habe ich den Konsolen abgeschworen und damals lieber meine „leeten HaX0r-SkillZ“ am C-64 ausgelebt. Das eigene NES blieb hingegen ein bis heute nie erfüllter Traum… seufz. Ein paar Jahre später, so Mitte der 90’er ungefähr, konnte ich mir endlich ein Super Nintendo samt dem Nachfolger „Super Punch Out!“ leisten. Eigentlich habe ich nicht viel erwartet, doch dann traf es mich wie ein Paukenschlag mitten ins Gesicht! Monatelang habe ich nichts anderes gemacht als jeden Gegner so lange zu studieren, dass ich ihn innerhalb von Sekunden auf die Bretter schicken konnte. Irgendwann habe das ganze Spiel sogar ohne einen einzigen Gegentreffer beendet… wenn das kein Fanatismus ist, dann weiß ich auch nicht.

Jetzt ist es über 15 Jahre später und das neue „Punch Out!“ für die Wii liegt endlich bei mir auf dem Tisch. Früher hätte ich nicht mit der Wimper gezuckt und mir für das Spiel sogar extra die Konsole gekauft, heutzutage bin ich speziell bei Nintendo aber vorsichtiger. Als Mann im besten Alter zwischen 19 und 49 gehöre ich nämlich nicht zur aktuellen Wii-Zielgruppe, dafür müsste ich ein rüstiger Rentner, eine barfüßige Schwangere oder am besten gleich Beides sein. Die fuchteln lieber bei „Wii Sports“ mit der Fernbedienung herum anstatt sich mit chirurgischer Präzision die Kauleiste formatieren lassen. Ein „Punch Out!“ für Casual-Spieler… das wäre das größte Verbrechen an meiner Kindheit seit den Star Wars-Prequels.

Jedoch haben sich meine Nerven nach dem Einlegen der DVD schnell wieder beruhigt, denn „Punch Out!“ ist immer noch „Punch Out!“ – und vielleicht sogar besser den je. Der kleine Pixelzwerg ist nun ein schmächtiges Polygonmännchen, die Gegner sind größtenteils alte Bekannte, die aber natürlich frische Tricks auf Lager haben. Am Spielprinzip hat sich kaum was geändert – man studiert immer noch das Verhalten des Gegenübers, lernt die passenden Konter und nimmt sie dann genüsslich auseinander. Laut Anleitung funktioniert das Spiel mit Wiimote, Nunchuck und sogar dem Balance Board, doch dieser Schmonzes ist total irrelevant – wahre Champions drehen die Fernbedienung einfach zur Seite und genießen die Präzision des Steuerkreuzes plus der 3 verwendeten Knöpfe.

Als Zocker von damals merkt man sehr deutlich, dass die Entwickler sehr große Fans der Serie gewesen sind. Sie haben den Kern von „Punch Out!“ (plumpe Anspielung ahoi!) genau getroffen und das Gameplay von damals mit schmucker Celshading-Technik von heute verknüpft. Der Humor passt ebenfalls, könnte politisch-überkorrekten Naturen jedoch sauer aufstoßen – denn alle Charaktere sind stark überzeichnete Stereotype. Wer sich also komisch fühlt wenn er dem Franzmann Croissants oder dem Japaner Shushi aus dem Leib prügelt, denkt viel zu viel nach und haut viel zu wenig Leuten in die Fresse.

Hier folgt nun ein kleiner Video-Einblick in den ersten beiden Circuits, Kommentar gibt’s keinen, denn das Spiel spricht eh für selbst. Also: Anschauen! Spiel besorgen! Sich krank schreiben lassen! Losprügeln!

Video 1 – Minor Circuit

Video 2 – Major Circuit